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Leistungsschutzrecht: Diese Woche gleich dreimal Thema im Bundestag

von , 26.2.13

Gestern Nachmittag fand im Unterausschuss Neue Medien (UANM) im Deutschen Bundestag eine Anhörung zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage statt. Der Schwerpunkt der öffentlichen Anhörung lag auf technischen Fragen zum Leistungsschutzrecht, doch schon wieder wichen die Vertreter_innen der Presseverlage von der geplanten Tagesordnung ab.

Bereits vergangene Woche Mittwoch nutzten namhafte Vertreter_innen der Presseverlage eine Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien, in dem es um die Zukunft der Presse gehen sollte, um über das von ihnen geforderte Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu diskutieren. Gestern, als es im UANM vor allem um die technische Umsetzung ging und um die Frage, ob denn ein derartiges Schutzrecht bei den bestehenden technischen Standards nötig ist, versuchten sie erneut, das Thema zu wechseln, und attackierten das Geschäftsmodell von Google.

Als Experten waren Thomas Höppner vom Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV), Prof. Dirk Lewandowski von der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften, und Michael Steidl vom International Press Telecommunications Council anwesend. Google entsandte mit Wieland Holfelder seinen Entwicklungsleiter bei Google Deutschland, um die technischen Fragen besser zu beantworten. Der eigentlich geladene Arnd Haller, Leiter der deutschen Rechtsabteilung von Google, nahm in der zweiten Reihe Platz, stand aber ebenfalls für Fragen zur Verfügung.
 

 

Gibt es statt einer rechtlichen vielleicht eine technische Lösung?

Die Fragen der Abgeordneten drehten sich vor allem um technische Lösungen wie das Robots-Exclusion-Standard-Protokoll (robots.txt), das es Website-Betreibern ermöglicht, zu kontrollieren, welche Inhalte von Suchmaschinen erfasst und wie sie verarbeitet werden. Holfelder erklärte dazu, dass sich alle großen Suchmaschinen an derartige Standards halten. Diese technische Lösung würde deshalb eine rechtliche Lösung unnötig machen.

Die Verlagsseite bestritt diese Behauptung in der Anhörung und forderte die gesetzliche Festschreibung ihres eigenen Standards ″Automated Content Access Protocol″ (ACAP), der ihnen ermöglichen würde, festzulegen, für wieviel Geld und für welchen Zeitraum bestimmte Inhalte von Suchmaschinen erfasst werden können. Michael Steidl, Geschäftsführer des IPTC-Konsortiums, betonte, dass es bei ACAP im Gegensatz zu robots.txt feste Ansprechpartner_innen gäbe.

Holfelder befürchtet jedoch, dass ACAP auch zur Täuschung von Google genutzt werden könne, das dann nicht wissen kann, was sich hinter einen Link verbirgt. Er plädierte weiterhin für die weit verbreitete Datei robots.txt, die sich nach dem Best-Practice-Prinzip verbreitet hat, wie der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz anmerkte. Der Informationsforscher Dirk Lewandowski widersprach Holfelders Befürchtung der möglichen Folgen.

 

Ein Gesetz muss her, ohne Wenn und Aber

BDZV-Vertreter Höppner setzte sich mit technischen Fragestellungen nicht weiter auseinander und ignorierte die Beweisführung von Holfelder, der viele Abgeordnete in ihren Zweifeln zur Notwendigkeit eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage stärkte. Höppner bewies sein Desinteresse an Fakten, indem er dem Ausschuss empfahl, die technischen Probleme erst nach Verabschiedung des Gesetzes zu klären.

Ein Schutzgesetz für die Presseverlage ist laut Höppner notwendig, denn Googles Geschäftsmodell baue lediglich darauf auf, dass ″einer teuer produziert, andere aber nur billig kopieren″. Die Stichpunkte für derartige Monologe über Googles Raubtiercharakter lieferte der an den Antworten dann merklich uninteressierte CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling. Trotz einiger Abgeordneter der Regierungsparteien, die, anders als Heveling, ernsthafte Bedenken gegen den Gesetzesentwurf haben, soll jetzt bereits am Freitag im Plenum des Bundestags über den stark kritisierten Entwurf abgestimmt werden.
 

 

Wie geht es weiter mit dem Leistungsschutzrecht?

Am Wochenende hatte John Weitzmann auf Netzpolitik.org von der Richtlinie ″98/48/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften″ berichtet. Diese schreibt vor:
 

″wann immer ein EU-Mitgliedsstaat Gesetze machen will, die in technische Grundlagen und Standards von Informationsdiensten eingreifen, muss er vorher die EU-Kommission in Kenntnis setzen. Es erfolgt dann eine Prüfung dahingehend, ob das geplante Gesetz negative Auswirkungen auf den freien Fluss der Informationen und Dienste innerhalb der EU haben kann″.

 

Diese Feststellung wurde gestern von der schwarz-gelben Koalition ignoriert. Nach einem Zwischenstopp am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestags finden wahrscheinlich die 2. und 3. Lesung des Gesetzesentwurfs am Freitagvormittag im Plenum statt, gefolgt von einer Abstimmung. Bevor noch mehr Abgeordnete der beiden Regierungsparteien laut Zweifel äußern, soll das Gesetz beschlossen werden, womit es nur noch im Bundesrat gestoppt werden könnte. Dies hängt davon ab, wie der Gesetzesentwurf im Detail aussehen wird, was drei Tage vor der geplanten Abstimmung im Bundestag noch völlig unklar ist.
 

Tobias Schwarz bloggt im Logbuch des Isarmatrosen. Dieser Text wird veröffentlicht unter einer CC BY-SA-Lizenz.
 
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