von Peter Ruhenstroth-Bauer, 29.4.16
Es war auch in Berlin eine nicht ganz alltäglich Veranstaltung, zu der die beiden Berliner politischen Projektbüros („Denkfabriken“) „Das Progressive Zentrum“ und die „stiftung neue verantwortung“ am vergangenen Mittwoch eingeladen hatten. Sie brachten Katarina Barley (SPD), Nicola Beer (FDP), Matthias Höhn (DIE LINKE), Michael Kellner (Bündnis 90/DIE GRÜNEN und Peter Tauber (CDU) an einen Tisch. Auslöser für diese Runde der Parteimanager/innen war die Diskussion zu den Ergebnissen der Studie „Die Partei 2025 – Impulse für zukunftsfähige politische Parteien“. Die Zusammensetzung des Panels steigerte dann auch entsprechend die Erwartungshaltung der rund einhundert Zuhörer/innen.
Projektleiter, Hanno Burmester wies in seiner klugen Einführung gleich darauf hin, dass die Fragestellung der Studie nicht neu sei. Bereits 2010 hatte die stiftung neue verantwortung „Zehn Thesen für eine politische „Partei mit Zukunft“ veröffentlicht. Dort hatte man unter Federführung von Dr. Knut Bergmann erkannt, dass Förderung von unterschiedlichsten Formen der Partizipation ebenso zu den Anforderungen an die Parteien zählt, wie kommunikative Durchlässigkeit oder hohe Standards im Umgang mit Neumitgliedern. Nachwuchsarbeit, innerparteiliche Innovationskraft und nicht zuletzt auch ein flexiblerer Rechtsrahmen, als es das Parteiengesetz erlaubt, sind Grundlagen für Parteien mit Zukunft. Auch die neue Studie unterstreicht, wie elementar Parteien in einer demokratischen Gesellschaft sind. Keine Institution übernehme, so Burmester, „die Orientierungsfunktion“ in unserer Gesellschaft so wie die Parteien. Spürbar sei „die Sehnsucht nach vitalen und starken Parteien, auf der Höhe der Zeit.“ Burmester plädiert für ein Umdenken: für eine neue Innovationskultur der Parteien. Statt den mühsamen Weg des Fortschritts über die Gremien, einfach mal den Mut haben, neue Wege auszuprobieren und zu schauen, was dann wächst. Um die Latte für die Diskutanten gleich ganz hoch zu legen, forderte er auch ein neues Führungsverständnis der Parteifunktionäre – „Befähiger“ statt „Gatekeeper“.
Die Studie und der vielversprechende Auftakt gaben den Parteimanager/innen gute Vorlagen für eine kontroverse Diskussion über die Realität von Mitgliederparteien und deren Zukunft. Doch wer inhaltliche Auseinandersetzung erwartete, wurde enttäuscht. Kein wirkliches Wort, wie man die Jungen inhaltlich anspricht. Nichts zur AfD-Entwicklung. Selbst die Nichtwähler, eine der großen Herausforderungen für die Parteien, blieben unerwähnt. Die fünf Diskutanten beschränkten sich auf eine weitgehend konsensuale Instrumentendebatte. So war man sich einig, wenn es um den Einsatz von „online Befragungen“, „Skype-Konferenzen“ oder ganz neu-deutsch „digital-tools“ ging. Nach der Diskussion zog ein Mitarbeiter einer Landesvertretung ein ernüchterndes Fazit: „Die Digitalisierung ist überall!“ Tatsächlich scheinen die Parteimanager/innen darin den Zukunftsschlüssel zu sehen.
Die Diskutanten hatten zu Fragen nach dem steigenden Durchschnittsalter ihrer Mitgliedschaft und den Schwierigkeiten für Quereinsteiger, die langwierige „Ochsentour“ durch die Parteihierarchie zu bestehen, keine wirklich überzeugenden Antworten parat. Während Katarina Barley die „alten Männer“ als Stereotyp nicht gelten lassen wollte, verwies Peter Tauber auf den demographischen Wandel: wer heute neu dazu käme, könne gleich vom Schatzmeister bis zum Ortsbeirat alles werden. Dass hier die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch ziemlich groß ist, belegt der jüngst erschienene Erfahrungsbericht des ehemaligen SPD-Quereinsteigers Christian Nürnberger.
Die Diskussion der Parteimanager/innen (und leider auch ihre viel zu kurze Möglichkeit, die drängenden Fragen aus dem Publikum zu beantworten) machte eines deutlich: das Problem einer lebendigen Mitgliederpartei sehen alle. Die Herausforderungen aber werden nicht befriedigend beantwortet. Angesichts auch der vielen inhaltlichen Ansatzmöglichkeiten für die Parteien war die reine Instrumentendebatte der Parteimanager/innen nicht mehr, als den Parteien schon in der Ausgangsstudie 2010 empfohlen wurde.
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