#Alois Hingerl

Fall Mollath: Das Gericht wartet weiter auf die göttliche Eingebung

von , 19.7.13

In der Ludwig Thoma-Satire „Ein Münchner im Himmel“ vergisst der bayerische Dienstmann Alois Hingerl, Gottes Ratschläge an die Bayerische Regierung zu übermitteln. Er bleibt stattdessen im Münchner Hofbräuhaus hängen, wo er eine Maß Bier nach der anderen zischt. Und darum wartet die Bayerische Staatsregierung bis zum heutigen Tag auf die göttlichen Eingebungen.

Leider nicht nur die Regierung. Unlängst durften wir erfahren, dass auch die Justiz, speziell das Regensburger Landgericht, auf eine Dienstleistung des Alois Hingerl wartet. Die im Februar und März 2013 von der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung an der Gerichtspforte abgegebenen Wiederaufnahmeanträge im Fall Mollath werden seither dort geprüft und geprüft und geprüft und geprüft und geprüft und geprüft und geprüft …

Aus dem Mollath-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags war unterdessen zu vernehmen, dass die bayerische Justiz einem unerträglichen Leistungsstress ausgesetzt ist. Gerichtsdiener müssen schwere Schreibmaschinen von einem Zimmer ins andere schleppen, und sind davon oft so brutal erschöpft, dass ihnen anschließend die Kraft fehlt, die Tasten zu drücken. Viele kapitulieren auch vor den Herausforderungen der modernen Schreibmaschinen-Technik und beantragen sechswöchige Reha-Kuren wegen Burnout. Sie werden darüber vielleicht lächeln – aber selbst zu den besten Zeiten des „Königlich Bayerischen Amtsgerichts“ ging es nur unwesentlich schneller. Hetze verträgt ein bayerischer Staatsdiener nicht. Es sei denn, es geht um einen Triple-Gewinner.

Die Verschleppungstaktik im Fall Mollath verhält sich nämlich umgekehrt proportional zur Beschleunigungstaktik im Fall Hoeneß. Der Grund dafür ist relativ klar. Ein honoriger Steuerhinterzieher soll die Scherereien, die man ihm macht, möglichst bald hinter sich haben, während ein ehrloser Steuerhinterziehungs-Bekämpfer den von ihm angerichteten Schaden noch ein wenig auskosten soll. Was sind schon sieben Jahre in einer geschlossenen Anstalt wegen eines läppischen Fehlurteils?

Es geht alles seinen christlich-sozialen Gang. Die CSU steht in Umfragen bei 47 Prozent. Bis zur Landtagswahl sind es noch 58 Tage. Und da Horst Seehofer der einzige bayerische Politiker ist, der nicht auf die göttlichen Eingebungen angewiesen ist, platzte ihm jetzt noch einmal wahlwirksam („Das können Sie alles senden!“) der Kragen. König Horst fragte seine unbeliebte Justizministerin: Wozu brauchen wir eigentlich ein Justizministerium? (Hat er später vorsorglich dementieren lassen).

Und was tut Beate Merk? Sie verspricht, die Beantwortung dieser Frage von ihrem Ministerium gründlich prüfen zu lassen. Seither warten auch die Beamten im Münchner Justizpalast auf die göttlichen Eingebungen.
 

Der Fall Mollath bei Carta:

 
 

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