#Abgeordnetenbestechung

Die Büchse der Pandora

von , 9.10.12

Die von CDU/CSU und FDP betriebene Skandalisierung der Vortragstätigkeit von Peer Steinbrück eröffnet eine einmalige Chance, nämlich im Bundestag grundsätzlich mit wirklich skandalösen Nebentätigkeiten und Lobbyverträgen aufzuräumen. Und dann landet die Debatte schnell bei den Urhebern der Anwürfe gegen Steinbrück.

Denn nicht gutbezahlte Vorträge sind der Skandal, sondern Lobbyismus als Nebentätigkeit der Mandatsträger – materiell meist die Haupttätigkeit.

Nehmen wir einmal Michael Glos, Ex-Wirtschaftsminister, und Kollege von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der Steinbrück als “Produkt der Finanzindustrie” diffamiert hat. Glos kassiert als Abgeordneter monatlich mehr als 7.000 Euro von einer Investmentfirma und sitzt im Beirat einer berüchtigten Lobbyagentur, für deren Pro-Aserbaidschan-Kampgane er sich einspannen ließ.

Oder der Ex-Held der CDU, Friedrich Merz. Er verblüffte 2006 seine Bundestagskollegen, als er zu einer Sitzung der NRW-Landesgruppe nicht als Abgeordneter kam, sondern als Vertreter der Ruhrkohle AG.

Oder Patrick Döring, der forsche FDP-Generalsekretär. Er sitzt im Aufsichtsrat der Bahn (mehr als 7.000 Euro im Monat) und hat natürlich deren Interessen zu vertreten. Und er sitzt im Vorstand einer Tierversicherung.

Diese Liste könnte endlos fortgesetzt werden. Jeder einzelne Fall hat im Gegensatz zu den Vorträgen von Steinbrück, der vor Bankern nie etwas anderes gesagt hat als im Bundestag, einen unangenehmen Beigeschmack. In diesen Fällen gilt wirklich der Satz, der Steinbrück vorgehalten wird: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

Deshalb sollte die SPD, wenn sie einigermaßen bei Sinnen ist, den Spieß umdrehen und massiv auf Angriff umschalten. Steinbrück hat schon den Takt vorgegeben: es müsse bis auf den letzten Cent offengelegt werden, wer und woher in welcher Höhe für Nebentätigkeiten bezahlt wird.

Die SPD kann dabei nur gewinnen, denn zweifelhafte Wirtschaftsanwälte und andere Lobbyisten sitzen eher in den Reihen der CDU/CSU und FDP.  92 Abgeordnete von Schwarz-Gelb beziehen monatlich mehr als 7.000 Euro nebenher, bei SPD und Grünen sind es 16.

CDU/CSU und FDP  scheinen langsam zu merken, dass sie mit ihrer kurzsichtigen Skandalisierung Steinbrücks die Büchse der Pandora geöffnet haben, und versuchen, zurückzurudern. Hoffentlich bleibt die Büchse geöffnet.
 
Crosspost von Sprengsatz
 

 

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