von Wolfgang Michal, 13.6.13
Eigentlich wollen ja alle Parteien und Verbände das leidige Urhebervertragsrecht reformieren: die SPD, die Grünen, die Piraten, die Initiative Urheberrecht, die Autorenverbände, die Gewerkschaften … Denn die Klage darüber ist groß, wie unglaublich schlecht das vor elf Jahren ausgehandelte „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ in der Praxis funktioniert.
Die Bundestagsfraktion der Linken hat deshalb – nach intensiver Vorarbeit – einen Gesetzesentwurf zur Reform des Urhebervertragsrechts vorgestellt. Dieser Entwurf ist maßvoll, konkret, pragmatisch und von zahlreichen Experten und Praktikern positiv beurteilt worden. Es wird nun interessant sein, zu beobachten, wie sich diejenigen zu diesem Entwurf verhalten, die beim Urhebervertragsrecht zwar ständig den Mund spitzen, aber immer das Pfeifen vergessen.
Die bequemste Methode, sich rauszuhalten
Es könnte nämlich wieder so kommen, dass Grüne und SPD nur deshalb nicht für den Entwurf der Linken stimmen, weil er von den Linken kommt. Im Rechtsausschuss haben Grüne und SPD bereits ihr Nein signalisiert. Die Grünen haben auch einen eigenen Antrag vorgelegt. Das ist die heute übliche Methode, gemeinsame Entscheidungen ideologisch wegzudrücken.
Nach Angaben der Abgeordneten Petra Sitte enthält der Entwurf der Linken fünf zentrale Überlegungen, mit denen die Rechte der Urheber gegenüber den Verwertern gestärkt werden sollen (die Begründungen kann man z.B. hier nachlesen):
- In Autorenverträgen dürfen keine Rechte übertragen werden, die von den Verwertern gar nicht benötigt werden (Vertragszweckbindung)
- Sittenwidrigen „Total-Buyout-Verträgen“ soll ein Riegel vorgeschoben werden.
- Der Anspruch auf „angemessene Vergütung“ soll von den Urhebern einfacher durchgesetzt werden können.
- Die gesetzlichen Vorgaben für „gemeinsame Vergütungsregeln“ sollen so verändert werden, dass die Verwerter sich künftig den Verhandlungen und dem Verhandlungsergebnis nicht mehr entziehen können.
- Die Kündigungs- und Rückrufrechte von Autoren gegenüber inaktiven Verwertern sollen gestärkt werden.
Außerdem wollen die Linken den Paragraphen 63a des Urhebergesetzes so verändern, dass künftig alle Einnahmen, die durch Urheber-Verwertungsgesellschaften eingesammelt werden, auch zu 100 Prozent an die Urheber ausgeschüttet werden und nicht – wie derzeit – nur zu 50 oder 60 Prozent.
Das kleine „Ich akzeptiere“-Häkchen
Nun könnten Internet-User fragen: Was geht mich das an? Sollen die Urheber und die Verwerter doch ihre Vertrags-Streitigkeiten unter sich ausmachen! Auch jener Teil der Netzpolitik, der sich fast ausschließlich auf die Interessen der Nutzer konzentriert, interessiert sich kaum für solche Vertragsfragen.
Doch die Ignoranz könnte sich als fatal erweisen. Denn die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB), die heute von jedem Facebook– oder YouTube-Nutzer unterzeichnet werden müssen, sind im Prinzip nichts anderes als standardisiertes grottenschlechtes Urhebervertragsrecht.
Die Verwerter (in diesem Fall also die Plattformbetreiber) luchsen den Nutzern (den Urhebern der Plattform-Inhalte) per „Ich akzeptiere“-Häkchen sämtliche Rechte ab. Sie unterwerfen sich der Extremform des Total-Buyout – nur ganz ohne Buy.
Das Urhebervertragsrecht wäre die Klammer, über die sich Urheber und Nutzer verständigen könnten.