von Telemedicus, 20.7.09
Bundesverfassungsgericht billigt Beschlagnahme von E-Mails
Das Bundesverfassungsgericht hat Ermittlungsbehörden den Zugriff auf E-Mails erleichert: Nach einem Beschluss von Mitte Juni können die Nachrichten auf den Servern der Internet-Provider gemäß den allgemeinen Vorschriften in der StPO (§§ 94 ff.) beschlagnahmt werden; damit unterfallen solche Eingriffe nicht den strengeren Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung (§ 100a StPO). Gleichwohl ist das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) betroffen. Deswegen muss die Anordnung einer solchen Beschlagnahme im konkreten Fall verhältnismäßig sein. Dazu gehört nach Ansicht der Richter auch, dass höchstpersönliche E-Mails nicht verwertet werden.
Verbraucherschützer bemängeln Datenschutz in sozialen Netzwerken
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat erste Unterlassungsverfahren gegen soziale Netzwerke wie Facebook, MySpace und Xing eingeleitet. Dabei werden Vertragsbedingungen moniert, durch die sich die Plattformbetreiber umfassende Nutzungsrechte an persönlichen Informationen und Inhalten einräumen lassen. Dies führe zu einer starken Einschränkung der Datenschutz- und Urheberrechte der Nutzer. Der Verband fordert die Betreiber dazu auf, schon die Voreinstellungen bei der Registrierung nutzerfreundlicher zu gestalten. Die ersten Betreiber von Social Networks haben bereits auf die Kritik reagiert und angekündigt, ihre Nutzungsbedingungen anzupassen.
Bundesregierung greift in Google-Books-Verfahren ein
Die Bundesregierung hat eine New Yorker Anwaltskanzlei mit Handlungen im Prozess um Google Books beauftragt. In dem umstrittenen Verfahren geht es um die Rechte der Autoren, deren Werke von dem Digitalisierungsprojekt betroffen sind: Wenn das Gericht den Vergleichsvorschlag von Google genehmigt, können die Urheber aus dem Vergleich austreten oder aber sie müssen sich mit der Nutzung ihrer Werke und einer pauschalierten Vergütung abfinden; weitere Ansprüche können dann nicht mehr geltend gemacht werden. Die deutschen Autoren werden in den USA von der VG Wort vertreten. Als nicht unmittelbar Betroffene kann sich die Bundesregierung am Prozess nur mit einem sog. amicus curiae-Schreiben beteiligen und ihre Rechtsauffassung darlegen.
BGH verlangt Angabe der Versandkosten bei „Froogle”
Händler, die ihre Produkte in der Google-Preissuchmaschine „Froogle” eintragen, müssen auch dort eventuelle Versandkosten angeben. Nach einer Entscheidung des BGH von letzter Woche genügt es nicht, wenn der endgültige Preis erst auf einer verlinkten Seite des Anbieters angezeigt wird. Auch in solchen Preisvergleichslisten müsse der Verbraucher auf einen Blick sämtliche Kosten erfassen können. Zusätzliche Lieferkosten stellten eine wesentliche Information dar, von der auch die Position des Produkts in der Rangliste abhänge.
OLG München hält Klinsmann-Satire für zulässig
Auch nach Ansicht des OLG München kann Jürgen Klinsmann eine satirische Darstellung in der taz nicht untersagen lassen. Der ehemalige Trainer des FC Bayern hatte eine Fotomontage auf der Titelseite angegriffen, die ihn als Gekreuzigten zeigte. Bereits das LG München lehnte eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ab; diese Entscheidung wurde nun bestätigt: Die Satire sei von der Meinungsfreiheit der Zeitung umfasst und deshalb hinzunehmen.
Sender vergeben Gutachten für Drei-Stufen-Test
Der WDR hat die Gutachten für die Durchführung des Drei-Stufen-Tests vergeben. Die Unternehmen Goldmedia, EE & MC sowie Ludwigs Medienarchitekten sollen die Telemedienangebote des Westdeutschen Rundfunks überprüfen. Dabei gilt es zu beurteilen, ob die Internetauftritte noch vom Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Grundversorgung gedeckt sind. Goldmedia konnte den Auftrag auch beim Bayerischen Rundfunk (BR) ergattern; hier ist noch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers mit von der Partie. Währenddessen hat Netzpolitik.org alle Gebührenzahler dazu aufgerufen, sich direkt bei den Rundfunkräten mit Kritik und Wünschen an den Tests zu beteiligen.
Petitionsausschuss muss sich mit „Killerspiele”-Verbot befassen
Die öffentliche Online-Petition gegen ein weitreichendes Verbot von Actionspielen mit gewalttätigen Inhalten hat mehr als 50.000 Unterstützer gefunden. Damit muss sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Forderung beschäftigen. Die Petenten richten sich gegen einen Beschluss der Innenministerkonferenz vom 5. Juni 2009. Bei diesem Treffen hat man sich darauf geeinigt, schnellst möglich ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot für „Killerspiele” durchzusetzen. Nach Ansicht der Antragssteller reicht der Jugendschutz in Deutschland vollkommen aus, der bereits jetzt gewaltverherrlichende Spiele verbietet. Eine darüber hinausgehende „Zensur” verletzte Grundrechte aus Art. 5 GG. Auch der Kulturrat hat sich bereits für eine Versachlichung der Debatte und eine Anerkennung von Computerspielen als Kulturgut eingesetzt.
Piratenpartei zur Bundestagswahl zugelassen
Der Bundeswahlausschuss hat vergangene Woche die Piratenpartei offiziell als Partei anerkannt und ihr damit eine Kandidatur bei der Bundestagswahl im September ermöglicht. Damit sind jedoch noch nicht alle Hürden genommen: In einigen Bundesländern fehlen den Netzaktivisten noch Unterstützerunterschriften. In Nordrhein-Westfalen gab es zudem formale Probleme bei den Unterschriftenformularen. Dennoch zeigt sich die Partei zuversichtlich: „Unser Ergebnis in der Europawahl von 0,9 Prozent werden wir sicher weit übertreffen”, prophezeite Aaron Koenig, Mitglied des Bundesvorstands.
In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Carta übernimmt den Wochenrückblick mit freundlicher Genehmigung der Autoren. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengesteltt von Christiane Müller.