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Wie die FDP eine „Lex Google“ durchboxen soll

von , 17.1.10

Im Mittelalter reichte oft schon das Vorzeigen der Folterinstrumente, um einen Widerspenstigen zum Einlenken zu bewegen. Seit einigen Monaten werden nun wieder Folterinstrumente gezeigt. Und sie tragen die allerzärtlichsten Namen: Schutz und Entflechtung. Das suggeriert: Wir meinen es gut mit euch!

Offiziell heißt es zwar, die von der Regierung geplante Verschärfung des Kartellgesetzes solle marktbeherrschende Unternehmen wie Post, Bahn, Banken und Stromanbieter „entflechten“. Und offiziell heißt es auch, das geplante Leistungsschutzrecht für Presseverlage solle vor allem die Leistungen der Urheber „schützen“.

Doch das sind Nebelkerzen.

Weder will die Regierung die Deutsche Bank entflechten noch die Urheber besser schützen. Es geht bei den oben genannten Gesetzesvorhaben allein um die Zerschlagung von GOOGLE. Denn Google entzieht den Verlegern enorme Einnahmen.

Es ist auch keineswegs so, dass die Regierung von einem rasenden Mob oder einer revolutionären Stimmung im Volk zur „Enteignung“ von Konzernen genötigt würde – es ist völlig ruhig auf den Straßen. Der Ruf nach einer „Zerschlagung der Konzerne“ erschallt ausnahmslos von ganz oben. Von FDP-Ministern und Großverlagen. Das führende liberale Blatt (Die Zeit) ruft gar zu Flashmobs gegen Großkonzerne auf! Natürlich nicht gegen EON, sondern gegen den „Google-Wahn“.

Was hier abläuft, ist knallharte Klientelpolitik. Liberale Medien und FDP werfen sich die Bälle zu. Gesetze, die (außer von einigen Verlegern) von niemandem gefordert werden, sollen durch’s Parlament gejagt werden. Volksvertreter sollen zur Ausschaltung einer lästigen Konkurrenz missbraucht werden. Um diesen skandalösen Vorgang zu verstehen, muss man ein paar Monate zurückgehen.

27. September 2009: Die Leitmedien der Republik haben gerade einen langen, massiven und extrem einseitigen Unterstützungswahlkampf für die FDP hinter sich. Es hat sich gelohnt. Die FDP erzielt (obwohl bis heute niemand so recht erklären kann, warum) ein Rekordergebnis: 14,6 Prozent. Schwarz-Gelb kann regieren. Die FDP sichert sich das Justiz- und das Wirtschaftsministerium.

Am 1. Oktober, nur vier Tage nach der Wahl, sickert durch, dass die Verleger eine Kartellrechtsklage gegen Google in Erwägung ziehen. Schon seit dem Sommer haben sie die Chancen einer Beschwerde prüfen lassen. Und das Kartellamt will die Beschwerde offenbar wohlwollend begleiten.

Im Koalitionsvertrag finden sich dann jene beiden Gesetzesvorhaben, deren Lenkung praktischerweise in den Händen der FDP liegen wird: das Leistungsschutzrecht für Presseverlage (Justizministerium) und das Gesetz zur Entflechtung marktbeherrschender Unternehmen (Wirtschaftsministerium). Einige Medien berichten, das Gesetz zur Entflechtung von Quasi-Monopolen ziele keineswegs nur auf Stromkonzerne, sondern auch auf marktbeherrschende Unternehmen der IT- und der Medien-Branche. Zu deutsch: Es ging bei beiden Gesetzesvorhaben von Anfang an um GOOGLE. Eine Konzern-Entflechtung solle nämlich auch dann erfolgen können, „wenn dem Unternehmen kein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung nachgewiesen werden kann.“

Während das breite Publikum mit Koalitionsgerangel und schlechtem Regierungsstart beschäftigt ist, arbeitet man hinter den Kulissen zielstrebig an der Sache. Bereits im Januar 2010 soll ein erster Entwurf zum Leistungsschutzrecht vorliegen. Im Januar 2010 laufen Meldungen über einen Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums zur Zerschlagung marktbeherrschender Unternehmen über die Nachrichtenticker. Im Januar 2010 kritisiert die Bundesjustizministerin das „Riesenmonopol Google“. Und im Januar 2010 berichten fast alle FDP-nahen Leitmedien in großen Aufmachern und Titelgeschichten über das „Stasi 2.0“-Unternehmen GOOGLE.

Der Boden für eine Lex Google ist also bereitet. Die „Datenkrake“ ist in der Defensive. Die Folterinstrumente liegen auf dem Tisch.

Dieser Text ist ein Crossposting mit freundlicher Genehmigung des Onlinemagazins MAGDA

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