von Thomas Stadler, 13.1.13
Seit etwa einer Woche diskutieren nicht nur Juristen über das Abmahnrisiko, das von Vorschaubildern in sozialen Netzen wie Facebook ausgeht. Wer auf Facebook, Google+ oder Xing auf eine externe Quelle verlinkt, bekommt vom Anbieter per default im Regelfall ein Vorschaubild auf die fremde Website eingeblendet, das dann auch im Posting angezeigt wird. Diesen Umstand hat eine Fotografin zum Anlass genommen, einen Facebooknutzer wegen eines von ihr stammenden Fotos, das als Vorschaubild angezeigt wurde, abzumahnen und auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.
Die erste Frage, die es hier zu klären gilt, ist die der urheberrechtlichen Nutzungshandlung. Hierzu habe ich gestern auf Twitter mal eine Umfrage gestartet, weil ich wissen wollte, ob das Vorschaubild durch einen Inline- bzw. IMG-Link erzeugt wird, oder ob Facebook derartige Vorschaubilder auf eigenen Servern (zwischen-)speichert.
Offenbar ist Letzteres der Fall, so dass das Vorschaubild im urheberrechtlichen Sinn vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht wird.
Anschließend ist zu klären, wer der Rechtsverletzer ist. Der Nutzer, der verlinkt, oder doch der Betreiber des sozialen Netzes, also Facebook oder Google? Der Nutzer erzeugt das Vorschaubild unmittelbar durch seine eigene Handlung, weshalb er in jedem Fall als Rechtsverletzer anzusehen ist. Dass er sich der urheberrechtlichen Problematik eventuell nicht bewusst ist, spielt jedenfalls für den Unterlassungsanspruch keine Rolle, weil dieser Anspruch kein Verschulden voraussetzt.
Aber auch die Plattformbetreiber wie Facebook oder Google sind in diesen Fällen als Rechtsverletzer zu betrachten. Denn selbst, wenn man sie nur wie einen Hoster behandelt, würden sie einer (beschränkten) Haftung unterliegen. Anders als ein Hoster spielen sie aber eine aktive Rolle, indem sie dem Nutzer das Vorschaubild per Standardeinstellung praktisch aufzwingen. Es ist noch nicht einmal möglich, diese Funktionalität generell zu deaktivieren, das ist nur für den einzelnen Link möglich. Man kann also festhalten, dass diese Vorschaubilder gar nicht unbedingt vom Nutzer gewollt sind, sondern vor allen Dingen vom Anbieter des sozialen Netzes. Dem verlinkenden Nutzer hilft diese Feststellung zunächst natürlich nichts, weil ihn auch eine parallele Haftung von Facebook nicht entlastet.
Bleibt die spannende Frage, ob diese urheberrechtliche Nutzungshandlung durch eine stillschweigende Einwilligung des Urhebers gedeckt ist, oder sich der Urheber/Fotograf rechtsmissbräuchlich verhält, wenn er Vorschaubilder abmahnt. Einige Kollegen haben hierzu die durchaus naheliegende Ansicht vertreten, dass man eine entsprechende Gestattung aus den Entscheidungen des BGH zur Google-Bildersuche ableiten könnte. Denn der BGH hat dort allgemein auch ausgeführt, dass ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen muss. Und eine solche übliche Nutzungshandlung könnte auch die um Vorschaubilder ergänzte Verlinkung in sozialen Netzen sein.
Ob der BGH diese Rechtsprechung allerdings tatsächlich auf die Vorschaubilder bei Facebook & Co. übertragen würde, bleibt vorerst unklar.
An dieser Stelle besteht möglicherweise also Handlungsbedarf für den (europäischen) Gesetzgeber, der eine klarstellende Regelung schaffen könnte.
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