#Bundestagswahl

Steinmeier muss Strategie ändern

von , 22.6.09

Liebe und Hiebe – diese Strategie gilt in privaten Beziehungen nicht als Erfolgsmodell. Dies gilt auch in politischen Beziehungen. Wer gleichzeitig den Wunschpartner umwirbt und verprügelt, darf mit keiner Gegenliebe rechnen – und auch nicht mit dem Beifall der Verwandtschaft. Eigentlich sind diese Zusammenhänge nicht unbekannt, nur bis zur SPD und ihrem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben. Er umgarnt die FDP einerseits als möglichen Koalitionspartner einer Ampel-Koalition, macht sie aber andererseits zum Haupt-Feindbild im Bundestagswahlkampf. Das kann nicht gutgehen. Mit dieser Strategie hat die SPD ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.

Steinmeier wird schon bald eine Entscheidung treffen müssen, mit der er auch darüber entscheidet, ob er nach dem 27. September in der deutschen Politik überhaupt noch eine Rolle spielt oder ob er nur noch für die SPD als Regierungspartei das Licht ausmacht. Er muss sich entscheiden, ob er den von ihm beschworenen “Richtungswahlkampf” tatsächlich führt oder aber mit seiner unglaubwürdigen Doppelstrategie weitermacht. Er muss sich entscheiden, ob er am 27. September bei 24 bis 27 Prozent landen will oder aber bei 28 bis 30 Prozent. Und darüber entscheidet seine Strategie: Wenn er tatsächlich Schwarz-Gelb und dabei besonders die FDP zum Feindbild macht (”Die Verursacher der Krise können nicht die Antwort auf die Krise sein”), dann muss er alle Koalitionsspiele aufgeben und wirklich einen harten Richtungswahlkampf führen. Das geht aber nur mit einer radikalen Absage an die FDP. Nur so kann er einen Teil der müden SPD-Ex-Wähler vielleicht noch einmal vom Sofa hochreißen.

Diesen Schritt könnte Steinmacher leicht tun, denn die Machtoption Ampelkoalition wird von den Wählern ohnehin als Traumgebilde durchschaut. Die SPD hat in Wirklichkeit keine Machtoption mehr, um wieder regieren zu können. Wenn das so ist, dann kann sie sich auch ein neues Wahlziel setzen: so stark wie möglich in die Opposition zu gehen, um auf diesem Sockel dann den Genesungsprozess einzuleiten. Sie muss dies ja nicht als Wahlziel formulieren, aber sie muss danach handeln und ihren Wahlkampf danach ausrichten (”Wir brauchen eine starke SPD für die Zukunft”).

Bleibt Steinmeier bei seiner unglaubwürdigen Doppelstrategie, dann setzt er seine eigene politische Zukunft aufs Spiel. Denn landet die SPD deswegen weit unter 30 Prozent, dann sind seine Tage gezählt. Gewogen und zu leicht befunden, so lautet dann das SPD-Urteil. Will er aber als Oppositionsführer den künftigen Kurs der SPD zumindest für eine Übergangszeit noch mitbestimmen, dann muss er beweisen, dass er mehr Stimmen fangen kann als erwartet.

Steinmeiers Doppelstrategie bricht kurz vor der Wahl ohnehin zusammen, wenn die FDP eine klare und unumstößliche Koalitionsaussage zugunsten der CDU/CSU machen sollte. Bis dahin aber hat Steinmeier das Heft des Handelns noch in der Hand. Diese Zeit sollte er nutzen. Ein Strategiewechsel ist seine letzte Chance.

Michael Spreng bloggt auf Sprengsatz, wo auch dieser Beitrag erschienen ist.

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