von Frank Lübberding, 5.7.13
Als General de Gaulle 1958 in Frankreich wieder an die Macht kam, hatten Amerikaner und Briten schon reichlich Erfahrungen mit ihm sammeln können. Selbst in der Zeit des Londoner Exils bewies er gegenüber den Angelsachsen Stehvermögen. Dabei hatte er tatsächlich nichts anzubieten außer seinen politischen Willen, was ihm bei Churchill in den Londoner Jahren eine Art widerwilligen Respekt einbrachte. In ihrer Eitelkeit agierten beide ohne Zweifel auf Augenhöhe.
Frankreich war von den Nazis besetzt und die Kollaborateure der Vichy-Regierung hatten zu Beginn wohl mehr Unterstützung im bürgerlichen Frankreich als der bis 1940 unbekannte General. In der Arbeiterschaft dominierten dagegen die Kommunisten. De Gaulle hatte so am Ende des Krieges Frankreichs Reputation praktisch im Alleingang gerettet. 1958 hielt sich daher die Begeisterung in Washington und London über die Rückkehr des Generals – höflich gesagt – in Grenzen.
Diese Erwartungen sollte er auch in den nächsten Jahren erfüllen. Am Ende stand 1966 der Ausstieg Frankreichs aus der militärischen Integration der Nato und 1967 deren Abzug aus Versailles und Fontainebleau. De Gaulle ging es um die Souveranität Europas vor den Hegemonialansprüchen der USA – und zugleich um den Selbstbehauptungswillen gegenüber der Sowjetunion. Deshalb setzte er auch 1963 so große Hoffnungen in den Elysée-Vertrag mit Deutschland, der dann allerdings von den deutschen Atlantikern mit der bekannten Präambel ruiniert versehen worden ist.
Nun haben sich die Zeiten und die Umstände geändert, aber nicht das politische Ziel.
De Gaulle hätte angesichts der Debatte um Snowden, Prism und Tempora gewusst, was zu machen ist. Es wäre das Gegenteil von der peinlichen Vorstellung gewesen, die Paris und Berlin bisher in der Affäre abgeliefert haben: nämlich, den amerikanischen Verbündeten klare Grenzen aufzuzeigen. Oder sollen die europäischen Interessen vielleicht von der europäischen Dienstleisterklasse in Brüssel vertreten werden? Den Herren Barroso und van Rompuy? Das schallende Gelächter aus Colombey-les-Deux-Églises ist angesichts dieser Vorstellung kaum zu überhören.
Frau Merkel und Hollande sollten einmal telefonieren. Und zwar so laut, dass man es auch in Washington versteht. Ansonsten sollte sich niemand wundern, wenn die Europäer nur noch als Museum wahrgenommen werden. Sie würden dann wahrscheinlich wegen Irrelevanz noch nicht einmal mehr abgehört werden.
Crosspost von Wiesaussieht