von Klaus Jarchow, 27.6.13
Wie vorhergesagt – wir treten in die Zeit der Schlangentänze ein. Hubert Burda will plötzlich gar kein Leistungsschutzrecht mehr, jedenfalls dann nicht, wenn Google streng auf der Grundlage ihres Gesetzes plötzlich so gemein zu ihnen ist. Ihr nagelneuer Daddelautomat wird schließlich nur dann richtig bedient, wenn jemand auch Geld in den Schlitz wirft:
Der Präsident des Beschwerdeführers, der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Hubert Burda, erklärte: “Wenn Google nicht umgehend grundlegend verbesserte Vorschläge präsentiert, rufen wir die EU-Kommission auf, alle ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumente zu nutzen, einschließlich einer formalen Mitteilung der Beschwerdepunkte mit effektiven Abhilfemaßnahmen. Eine faire und diskriminierungsfreie Suche mit gleichen Kriterien für alle Webseiten stellt eine essentielle Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung des europäischen Medien- und Technologiesektors dar.” (Golem)
Das klingt für mich ziemlich hohl, und stark nach der Ameise, die sich auf dem Rücken des Elefanten halten konnte, nachdem sich der einmal schüttelte: ‘Hubi, würg ihn!‘
Die Sprache wirkt durchweg martialisch: ‘Umgehend’ und ‘grundlegend’ soll Google etwas tun, während es in der Folge, bei den Konkreta, doch merklich unkonkreter zur Sache geht. ‘Formale Mitteilungen’ und ‘effektive Abhilfemaßnahmen’ soll es subito geben, und zwar mit ‘allen der Kommission zur Verfügung stehenden Instrumenten’. Sind das jetzt eher ein oder zwei – oder vielleicht gar keine? Es fragt sich also, welche Folterinstrumente das – bitte schön – denn sein sollten? Und was spielen sie auf diesen ‘Instrumenten’ bloß für eine Melodie: ‘Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus‘?
Schließlich haben die anderen europäischen Länder das Problem ja gar nicht, weil die Verleger dort nicht freiwillig derart vor die Wand gerannt sind. Fakt ist, ein deutscher Sonderweg soll auf der Ebene europäischer Rechtshilfe mit Gold gepflastert werden, weil’s national nicht geklappt hat. Denn – so Burdas kühne Behauptung – eine ‘diskriminierungsfreie’ Umgehung des LSR stelle eine ‘essentielle Voraussetzung’ für mehr Rendite dar – also für die ‘erfolgreiche Entwicklung des europäischen Mediensektors’ (unter ‘europäisch’ tun wir’s mit unserer deutschen Besonderheit ja längst nicht mehr).
Damit meint er wohl, dann, wenn Google den teutonischen Wegelagerern endlich ohne Widerrede die Knatter rausrückt. Am liebsten hätten unsere Ameisen, glaube ich, den kompletten Google-Algorithmus, aber auf einem Silbertablett. Was kommt als nächstes? Fordert ‘Vilsa’ die Coca-Cola-Rezeptur?
Ich denke mal, Google wird ihnen was husten. Sollen sie sich ihre eigene Suchmaschine basteln, wo ‘Bild’ und ‘Focus’ wie von selbst immer ganz weit vorn stehen. Das passt auch besser zum intellektuellen Niveau …
Nachtrag
Die Schweizer Verleger, die ja auch rechnen können, sind übrigens durch das deutsche Beispiel schon mächtig schlau geworden: «Ein Leistungsschutzrecht ist für den Verband kein Thema mehr.»
Crosspost vom Stilstand