von Daniela Warndorf, 24.1.14
Der Bereich Blogger Relations gilt in der PR als noch relativ junges Fach, von dem viele Unternehmen und vor allem PR-Agenturen nicht so recht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Dass sie wichtig für die Unternehmenskommunikation sind, scheint sich herumgesprochen haben, nicht aber unbedingt, wie sie funktionieren. Nicht umsonst erschienen in den letzten Monaten in zahlreichen Fachpublikationen unzählige Artikel zum Thema Blogger Relations.
Was beide Seiten dabei gerne vergessen: Dass Blogger Relations eigentlich nichts Besonderes sind, da hier genau die gleichen Regeln wie in allen anderen Bereichen der Kommunikation gelten – Höflichkeit, Respekt und Interesse an den Belangen seines Gegenübers.
“Liebe Frau Warndorf, Sie haben geblogt!”
Niemand käme auf die Idee, auf einer Party ungefragt anderen Gästen Unternehmensprospekte in die Hand zu drücken, dann einen fünfminütigen Monolog über die Vorzüge des vom Unternehmen produzierten Produktes zu halten, um anschließend nachdrücklich zu fordern, man möge das Produkt nun doch bitte auch noch bei allen seinen Freunden und Bekannten anpreisen.
Doch nach diesem Prinzip wird noch immer viel zu oft im Bereich der Blogger Relations gearbeitet, also gerade so, als habe man sich bis dato nie mit Kommunikation in irgendeiner Weise beschäftigt. Kommunikation, das bedeutet nämlich, nicht nur zu nehmen, sondern auch zu geben. Und auf sein Gegenüber einzugehen, und: zuhören, zuhören, zuhören.
Doch es geht noch schlimmer.
Seit November 2012 blogge ich auf www.gemachtmitliebe.de über DIY und Crafting. Seitdem das Blog in den Suchmaschinen ganz gut gerankt ist, erhalte ich viel Post von Unternehmen und Agenturen. Darunter gibt es viele tolle Beispiele für den Umgang mit Blogger Relations, aber eben auch diverse andere, die ich als eher absurd bezeichnen würde.
Da gab es zum Beispiel einen E-Mail-Verkehr mit einer PR-Agentur, die mich in diesen Tagen über die Mailadresse meines Blogs unter dem Betreff „Wert Blogeintrag“ anschrieb. Darin stand (Datum und Namen wurden geändert):
„Liebe Frau Warndorf, am soundsovielten haben Sie über Unternehmen ABC geblogt (anbei gesendet). Können Sie mir bitte für eine interne Auswertung mitteilen, wie hoch der Wert dieses Beitrags ist? Liebe Grüße, X von der Agentur YZ“
Ich staunte nicht schlecht, denn von dieser PR-Agentur hatte ich nie etwas gehört, geschweige denn, dass es auch nur irgendwen etwas angeht, wie ich in meinem Blog arbeite. Mal abgesehen davon, dass dieser Blogeintrag keinen „Wert“ hat, denn den hatte ich einfach irgendwann mal geschrieben, weil mir das Produkt gefiel und weil Blogger eben gerne über Dinge schreiben, die sie besonders gut oder besonders schlecht finden.
Ich schaute mir die beiden anhängenden PDFs an. Das eine zeigte den oberen Teil des Blogartikels, das andere den unteren, was schon wieder irgendwie niedlich war. Dass beim “geblogt” ein “g” fehlte – nun ja, kann passieren. Dann googelte ich nach der Agentur. Auf der Website waren einige Referenzen angeführt, alles eigentlich ganz gute Kunden aus dem Modebereich. Und unter “Firmenphilosophie” stand, dass man nur die besten Kontakte zu Medien, Journalisten und Bloggern habe. Ah ja.
Ich schrieb also zurück:
„Hallo Herr X, das kann ich leider nicht, da ich leider nicht weiß, wer Sie sind und warum Sie das eigentlich wissen möchten. Im Übrigen spreche ich mit Dritten nicht über Interna. Mit freundlichen Grüßen …“
Nach wenigen Minuten schrieb Herr X erneut:
„Hallo Frau Warndorf, wir machen PR für Unternehmen ABC und brauchen den Wert für die Onlineclipping-Berechnung. Wenn Ihnen das zu Intern ist, können Sie mir auch gerne den Preis für einen Werbebanner nennen. Das würde mir auch weiterhelfen. Danke und Grüße, X.“
Der kleine, aber lästige Unterschied zwischen PR und Redaktion
Clipping, Preise, Banner – ich staunte schon wieder. Ich mache ja auch hin und wieder PR, also genau genommen seit gut acht Jahren, und dabei ist das Clipping natürlich ein nicht unwesentlicher Bestandteil. Ich habe allerdings noch gelernt, dass man beim Clipping die Zahl der zu einem bestimmten Thema veröffentlichten Beiträge berechnet, um damit die Resonanz auf eine PR-Maßnahme zu messen.
Man guckt also, wie viele Medien nach dem Versand einer Pressemeldung im Print/online oder nach einem Event berichtet haben. Dabei sind dann Angaben wie Datum, Medium und Reichweite interessant, und natürlich auch noch die Veröffentlichungen an sich, die positiv oder eben auch negativ sein können.
Artikel, die gegen Bezahlung veröffentlicht wurden, haben darin aber eigentlich nichts zu suchen, denn bezahlte Artikel sind eben PR-Inserate und laufen somit unter einer anderen Rubrik. Weil nämlich Medien zwischen PR und Redaktion unterscheiden und PR eindeutig auch also solche kennzeichnen müssen. Sonst ist es Schleichwerbung, und die ist nicht erlaubt – das gilt auch für Blogs.
Entsprechend kennzeichne ich in meinem Blog Artikel, die aufgrund von Kooperationen zustande kamen, für die ich entweder einen geldwerten Vorteil oder aber Geld bekommen habe. Viele Blogger machen das nicht, das weiß ich. Und viele Medien machen das auch nicht, das weiß ich auch. Es aber vorauszusetzen und davon auszugehen, dass es automatisch so gemacht wird, finde ich schon ein bisschen … also naja. Und darüber hinaus für Artikel, die nun definitiv keinen Wert haben, einen imaginären Preis (Stichwort “Werbeäquivalenzwert”) zu generieren, damit da eine Summe steht – ähm, bitte?
Aber wie gesagt, ich bin ja erst seit acht Jahren in dem Metier tätig, ich kann mich da auch irren. Das ist das eine.
Fremde Federn schmücken besonders gut
Dann ist da aber auch noch das andere. Denn nun kann eine PR-Agentur beim Clipping natürlich hingehen und einfach eine Rubrik anlegen, in der dann die bezahlten Artikel aufgelistet werden. Was sie aber nicht tun sollte: Genau darin nun Artikel auflisten, für die man weder bezahlt, noch sonstwie direkten oder indirekten Kontakt mit dem Medium oder Blog aufgenommen hat.
Artikel also, die einfach so entstanden sind, weil irgendwer einfach mal darüber schreiben wollte, um das dann als eigene Leistung dem Kunden gegenüber zu präsentieren: „Schau mal, Kunde, unsere PR-Maßnahmen sind so erfolgreich, dass wir Sie nicht nur in diesen und jenen Medien, sondern auch sogar in größeren Blogs unterbringen konnten, was eigentlich normalerweise so und so viel Euro kosten würde und weil wir aber so tolle Hechte mit so tollen Kontakten im Bereich Blogger Relations sind, haben wir das Geld sparen können und Sie kostenlos platziert, womit Sie superviel Geld gespart haben, Geld, dass Sie uns nun in den Rachen stopf…, äh, in neue Aufträge investieren können!”
Dass ein Blogartikel, den irgendein Blogger einfach so aus eigenem Interesse geschrieben hat, keinen Wert haben kann, der in Euro messbar wäre, sollte klar sein – denn das ist “Redaktion”. Hier kann höchstens die Reichweite (wie viele Leser haben diesen Artikel gelesen, auf welchen Plattformen wurde er wie oft geteilt, wie viele Leser hat das Blog, wie viele Follower haben die benutzten Social-Media-Plattformen, etc.) berechnet werden.
Nach der aber wurde nicht gefragt. Und dass es kein bezahlter PR-Artikel war, ist der Agentur sicher auch aufgefallen, denn ansonsten würden wir uns vielleicht schon kennen, zumindest aber wäre der Artikel entsprechend gekennzeichnet gewesen.
Wie es auch anders geht
Natürlich kann eine Agentur so arbeiten, und ich bin mir sicher, dass das viele genau so machen. In Bezug auf die Blogger Relations ist das allerdings ziemlich dumm. Denn es führt einfach nur dazu, dass der entsprechende Blogger sich – wie ich – darüber ärgert und den Artikel eventuell – wie ich – nicht nur löscht, sondern höchstwahrscheinlich auch keine Lust hat, jemals wieder über diesen Kunden etwas zu schreiben.
Nicht, weil ich das Unternehmen nun auf einmal nicht mehr mag, ganz im Gegenteil, die machen tolle Sachen, die auch thematisch perfekt ins Blog passen würden. Nein, ich habe einfach keine Lust darauf, dass diese Agentur das dann wieder als ihre eigene Leistung verkaufen möchte.
Aber wie wäre es besser gelaufen?
Also:
- Man hätte mir zum Beispiel zurückschreiben können, dass man sich für den netten Artikel bedanken möchte und sich vertan habe und den Artikel natürlich nicht als eigenen PR-Erfolg mit anführen würde. Ob ich denn, da dafür ja kein Geldwert zu benennen sei, etwas zur Reichweite sagen könnte?
- Man hätte mich danach fragen können, ob man mich vielleicht in den Verteiler mit aufnehmen könne, um mir künftig eventuell mal was zuzuschicken.
- Man hätte mir außerdem anbieten können, sich zu melden, wenn ich Lust habe, über dieses und jenes Produkt der Firma zu schreiben – wegen Fragen, Fotos, und vielleicht auch, um das Produkt mal zu testen oder vielleicht im Blog zu verlosen.
- Man hätte mich schließlich fragen können, ob ich schon wisse, dass dann und dann in der Filiale vor Ort ein Event stattfinde, zu dem man auch Blogger einladen würde, damit sie dann exklusiv darüber berichten könnten.
- Man hätte sich danach ab und an ein paar nette E-Mails hin- und hergeschrieben, vielleicht auch miteinander telefoniert und sich sicher auch mal auf irgendeiner Veranstaltung getroffen.
Und, und, und. Ich bin mir sicher, ich hätte gerne irgendwann mal wieder über das Unternehmen geschrieben, auch ohne Bezahlung. Sicher hätte das dann auch einen PR-Effekt für das Unternehmen gehabt. Aber es wäre deutlich professioneller gewesen. Und ich hätte gemerkt, dass sich da Menschen für das Unternehmen engagieren und diese Arbeit vielleicht auch mit ein bisschen Liebe und Herzblut machen. Und genau so funktionieren gute Blogger Relations.
So war’s hier aber leider nicht. Aber es gibt ja noch viele andere Unternehmen, Agenturen, und Blogs ja sowieso.
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