#Bettina Wulff

Der Mut der Bettina Wulff

von , 9.9.12

Bettina Wulff ist eine mutige Frau. Mit ihren Klagen gegen Berichte über ihre angebliche Rotlichtvergangenheit nimmt die Ehefrau des Ex-Bundespräsidenten in Kauf, dass diese Verleumdungen den Raum des Internets verlassen und die gesamte Öffentlichkeit erreichen. Aber ihre Ehre ist ihr wichtiger als eine mögliche zusätzliche Belastung ihrer Reputation. Dieser Mut verdient großen Respekt.

Aber auch am Tag der Berichte über Bettina Wulffs Feldzug gegen die Verleumder reichen bei Google schon die drei Buchstaben “Bet”, um “Bettina Wulff Escort” (14.300 Einträge) und “Bettina Wulff Prostituierte” (44.400 Einträge) aufscheinen zu lassen. Erst an vierter Stelle kommt bei “Bet” das Betreuungsgeld.

Diese Reihenfolge sagt viel über das häufig idealisiert gepriesene Internet. Es ist neben seiner aufklärerischen Funktion auch eine riesige Denunziations- und Verleumdungsmaschine, häufig sogar vor der Information. Die Freiheit des Internets gilt eben nicht nur für syrische Blogger, sondern auch für einen 88jährige Hamburger Rentner und eine niedersächsische FDP-Frau, die die Verleumdungsmaschine gegen Bettina Wulff in Gang gesetzt haben.

Und williger Helfer ist immmer die Suchmaschine Google, die – völlig neutral natürlich – jedem Verleumder die Plattform verbreitert und die Verleumdung ins Unendliche potenziert. Es ist nicht nur Bettina Wulff, sondern allen Opfern von Verleumdungen und üblen Nachreden zu wünschen, dass ihre Klage gegen Google Erfolg hat und alle Einträge gelöscht werden müssen.

Und es wäre ein – hoffentlich – abschreckendes Beispiel, wenn neben den Verursachern auch Google zu einem hohen Schadensersatz verurteilt werden würde.

Es ist eben etwas anderes, ob ein klatschsüchtiger Politiker einem Journalisten von den Gerüchten erzählt, der sie dann zu verifizieren versucht und, weil eine Verleumdung nicht verifizierbar ist, auf eine Veröffentlichung verzichtet, oder ob sich das Internet der Gerüchte bemächtigt.

Im freien Netz gibt es keine Kontrolle und journalistische Sorgfaltspflicht. Das haben nicht nur Bettina Wulff erlebt, sondern tausende oder zehntausende nichtprominenter Menschen, die im Internet gemobbt, denunziert und verleumdet werden.

Und das meist unter dem Schutz der Anonymität. Auch in meinem Blog tauchten immer wieder – natürlich anonyme – Kommentare über Bettina Wulffs angebliches Vorleben auf. Da jeder Kommentar von mir genehmigt werden muss, konnte ich sie alle löschen. Wenn eine solche Instanz fehlt, gelangt jede Verleumdung sofort ins Netz.

Aber der Fall Wulff zeigt auch, dass die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt worden ist. Durch die “Berliner Zeitung” und Günther Jauch. Beide hatten auf dem Umweg über ein Zweitgerücht (in Berlin werde gemunkelt, BILD könne mit einem Bericht über das frühere Leben Bettina Wulffs aufwarten) die Verleumdungskampagne befeuert. Aber, so die verlogene Ausrede des netten Herrn Jauch, er habe doch nur eine Zeitung zitiert. Hoffentlich ist Bettina Wulff auch in diesem Fall erfolgreich.

Die Konsequenz aus dem Fall Bettina Wulff kann nur sein, das Internet endlich kritischer zu sehen und nicht bei jedem Versuch, unsere Rechtsordnung auch dort durchzusetzen, reflexartig Zensur zu rufen. Es wäre ein zivilisatorischer Rückschritt, wenn es im Internet weiter erlaubt würde, die Regeln unseres Zusammenlebens außer Kraft zu setzen.
 
Crosspost von Sprengsatz

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