#15. RÄStV

Sind die neuen Rundfunkbeiträge verfassungswidrig?

von , 2.9.12

Der Passauer Jurist Ermano Geuer hat sich unlängst eine gewisse mediale Aufmerksamkeit verschafft, indem er gegen die Reform des Rundfunkgebührenrechts, die zum 01.01.2013 in Kraft treten soll, eine sog. Popularklage zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof erhoben hat.

In Bayern kann grundsätzlich jeder, der eine Vorschrift des Landesrechts für unvereinbar mit der bayerischen Verfassung hält, eine solche Popularklage erheben. Und genau mit diesem Instrumentarium versucht Geuer, die Neuregelung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags 2013 zu Fall zu bringen. Dieses Vorhaben ist keineswegs abwegig, nachdem bereits der renommierte Verfassungsrechtler Christoph Degenhart – allerdings im Rahmen eines Auftragsgutachtens – die Reform als verfassungswidrig eingestuft hat.

Die Argumentation in der Klageschrift vom  25.05.2012, die mir vorliegt, erscheint durchaus stichhaltig.

Geuer rügt zunächst einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz, insbesondere, dass diejenigen, die über Rundfunkgeräte verfügen, und diejenigen, die keine Rundfunkgeräte besitzen, gleichermaßen zu der Beitragspflicht herangezogen werden. Diese Ungleichbehandlung verstärkt sich nach Ansicht Geuers gegenüber Unternehmern sogar noch, weil für Inhaber von Betriebsstätten zusätzlich das sachfremde Kriterium der Anzahl der Beschäftigten herangezogen wird.

Geuer vertritt die Ansicht, dass es für Betroffene möglich bleiben muss, sich auf das Nichtvorhandensein von Rundfunkgeräten zu berufen.

Spannend ist ein weiteres Argument Geuers: Er hält den “Rundfunkbeitrag” in Wirklichkeit für eine Steuer, und zwar für eine sog. Zwecksteuer. Laut Geuer stellen die Beiträge gerade keine Gegenleistung für die Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit von Rundfunkprogrammen dar, weil es auf diese Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit überhaupt nicht mehr ankommt.

Die Bundesländer haben aber für eine solche Zwecksteuer keine Gesetzgebungskompetenz, diese liegt vielmehr beim Bund, weshalb der Staatsvertrag nach Ansicht Geuers auch formell verfassungswidrig ist.

Der Staatsvertrag verstößt nach Ansicht Geuers außerdem gegen die Berufsfreiheit der Betriebsstätteninhaber, denn der Unternehmer hat keine Möglichkeit mehr, sich der Rundfunkgebührenfinanzierung zu entziehen. Er muss nämlich auch dann bezahlen, wenn in seinem Betrieb überhaupt keine Rundfunkempfangsgeräte vorhanden sind, und eine Vermutung für den Empfang von Rundfunkprogrammen besteht in Betrieben sicherlich weit weniger als in Privathaushalten. An dieser Stelle wird das Argument Geuers, dass es sich in Wirklichkeit um eine Steuer handele, wohl am deutlichsten: Der Unternehmer zahlt im Regelfall nicht für die tatsächliche Möglichkeit, Rundfunk empfangen zu können.

Geuer macht ferner geltend, dass die Regelung in § 8 RBeitrStV die informationelle Selbstbestimmung der Wohnungsinhaber und Betriebsstätteninhaber verletzt, weil durch die Vorschrift faktisch eine Meldepflicht gegenüber der GEZ geschaffen wird. Eine Erfassung sämtlicher Wohnungen, Betriebsstätten und dienstlicher Kraftfahrzeuge ist nach Ansicht Geuers aber nicht zulässig, um die letztlich im Interesse der Rundfunknutzer und damit der Grundrechtsträger liegende Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern.

Man darf auf den Ausgang dieses Verfahrens gespannt sein. Sollte der Bayerische Verfassungsgerichtshof den Staatsvertrag nicht kippen, besteht für unmittelbar Betroffene freilich immer noch die Möglichkeit Verfassungsbeschwerde zum BVerfG zu erheben.

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