von Michael Spreng, 13.12.13
Über keinen Politiker (ausgenommen Franz-Josef Strauß) ist mehr Negatives geschrieben worden als über Guido Westerwelle. Arrogant sei er, abgehoben, schrill. Er wurde sogar unter Korruptionsverdacht gesetzt (Mövenpick-Spende).
Die FDP verengte er zur Partei der Marktradikalen, die nur noch ein Thema kannte (Steuersenkungen). Er setzte die irrwitzige Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers durch, scheiterte aber mit seiner Forderung nach allgemeinen Steuersenkungen.
Westerwelle warf Hartz-IV-Empfängern “anstrengungslosen Wohlstand” und “spätrömische Dekadenz” vor. Westerwelle blieb auch in seinen ersten Monaten als Außenminister immer die innenpolitische Alarmsirene, fand nie den richtigen Ton.
Unter Westerwelles Führung stürzte die FDP ins Bodenlose. Er verspielte seinen strahlenden Wahlsieg von 2009 (14,6 Prozent). Am Ende musste er gehen, einem Nachfolger Platz machen, der die FDP bis in die außerparlamentarische Opposition führte. Mit Mühe und Not behielt Westerwelle das Außenministerium.
Das war der alte Westerwelle, dem niemand eine Träne nachweinte. Dann aber erfand sich der FDP-Karrierepolitiker neu. Als Außenminister wurde er besonnener, übte sein Amt mit Ruhe und Umsicht aus, gewann wieder an Statur.
Zur größten Form lief Westerwelle in den letzten Wochen seiner Amtszeit auf. Er spielte eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen mit dem Iran und stärkte mutig und klug der Opposition in der Ukraine den Rücken. Für einige Wochen war er der präsenteste Minister der Bundesregierung.
Nächste Woche scheidet ein Mann aus der Politik aus, der alle Höhen und Tiefen dieses Jobs erlebt hat, der am Ende seines Weges aber offenbar wieder zu sich selbst gefunden hat. Dieser Westerwelle hat Respekt verdient.
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