Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: Loveparade, McDonald’s, Online-Durchsuchung

von , 23.8.10

Presse darf SEK-Einsatz fotografieren
Am Donnerstag hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass die Anfertigung von Bildaufnahmen eines Polizeieinsatzes (SEK) durch Pressevertreter nicht schon im Vorfeld von der Polizei untersagt werden darf (Az. 1 S 2266/09). Die Presse entscheide regelmäßig erst nach Sichtung des eingefangenen Bildmaterials über dessen Veröffentlichung und Unkenntlichmachung und bewege sich damit im Rahmen der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Pressefreiheit. Ein Fotografierverbot sei nur in begründeten schweren Ausnahmefällen notwendig. Zunächst komme immer die Beschlagnahme des Speichermediums der tätigen Journalisten und eine gemeinsame Sichtung des Bildmaterials in Betracht.

BKA erfolgreich beim Löschen von Kinderpornographie
Das Bundeskriminalamt (BKA) verzeichnet zunehmende Erfolge beim Löschen kinderpornografischer Inhalte im Internet, wie in dieser Woche bekannt wurde. 63 Prozent aller ermittelten ausländischen Webseiten, die entsprechend Material enthalten, konnten im Juli 2010 innerhalb einer Woche nach ihrer Entdeckung vom Netz genommen werden. BKA-Präsident Jörg Ziercke setzt sich jedoch weiterhin für Websperren im Kampf gegen Kinderpornographie im Internet ein. Ein Ende der Diskussion zum Thema Netzsperren ist damit nicht in Sicht.

Duisburg lässt Blog-Veröffentlichung verbieten
Das Landgericht Köln hat den Betreibern des Duisburger Lokalportals „Xtranews“ in dieser Woche auf Antrag der Stadt Duisburg per einstweiliger Verfügung verboten, Anlagen eines Berichtes zur Love-Parade-Katastrophe zu veröffentlichen. Bei den Anlagen handelte es sich um Genehmigungen, Planungsunterlagen, Sitzungsprotokolle und Präsentationen, die konkreten Bezug zur Veranstaltung aufwiesen. Nach Auffassung des Gerichts würde die Veröffentlichung dieser Anlagen gegen das Urheberrecht verstoßen. Mit Spannung darf insoweit ein mögliches Hauptsacheverfahren erwartet werden, in welchem die zweifelhafte urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Zaunplänen und Ablaufkonzepten thematisiert werden könnte.

Keine Urheberrechtsverletzung durch McDonald’s-Werbemelodie
Das Landgericht München I hat in dieser Woche entschieden, dass die weltweit bekannte McDonald’s-Werbemelodie „Ich liebe es“ keine urheberrechtliche Schöpfungshöhe nach § 2 Abs. 2 UrhG erreicht (Az. 21 O 177/09). Ein Schadensersatz des klagenden Komponisten komme insoweit nicht in Betracht. Die Melodiefolgen seien zu sehr von einem natürlichen Sprachduktus geprägt. Die drei Töne bestünden aus musikalischer Sicht lediglich aus einer Terz und einer Sekunde und seien damit insgesamt zu simpel, um eine entsprechende Gestaltungshöhe zu erreichen.

Rheinland-Pfalz plant Online-Durchsuchung
Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat am Donnerstag einen Gesetzesentwurf beschlossen, der die Polizeibehörden des Landes künftig zum Einsatz einer Online-Durchsuchung ermächtigen soll. Nach Inkrafttreten des BKA-Gesetzes im Jahr 2009 wäre Rheinland-Pfalz damit das erste Bundesland, dessen Landespolizeigesetz eine solche Maßnahme ausdrücklich vorsieht. Nach Angaben des Innenministeriums sei die Online-Durchsuchung aber nur „ultima ratio“, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit soll auch weiterhin gewahrt bleiben.

Street View: Widerspruchsfrist verlängert
Am Donnerstag hat der Suchmaschinenbetreiber Google verkündet, die Widerspruchsfrist für Betroffene gegen die Veröffentlichung ihrer Wohnungen und Häuser zu verlängern. Statt vier haben die Bürger nun acht Wochen Zeit, einer entsprechenden Darstellung zu widersprechen. Google kommt damit Forderungen aus der Politik nach, die beklagten, dass eine nur vierwöchige Vorab-Einspruchsfrist mitunter noch in den Schulferien liegen würde und damit insgesamt zu kurz greife. Anfang dieses Monats hatte Google angekündigt, Street View in Deutschland noch in diesem Jahr starten zu wollen.

Facebook startet Applikation „Places“
Das soziale Netzwerk Facebook hat in dieser Woche eine neue Mobile-Anwendung namens „Places“ auf den Markt gebracht, mittels derer die Nutzer dem Netzwerk via Handy ihren aktuellen Standort mitteilen und so ihren Freunden in Echtzeit auf einem virtuellen Stadtplan erscheinen. Der Dienst ist zunächst nur in den USA verfügbar, soll aber in Kürze auch in anderen Ländern eingeführt werden. Facebook reagiert damit auf den Erfolg von beliebten Anwendungen wie „Foursquare“ oder „Gowalla“. Bei einem Deutschland-Start des Programms sind heftige datenschutzrechtliche Auseinandersetzungen zu erwarten.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Tobias Kläner.

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