#Demokratie

Piraten vs. Parteiestablishment: Es geht NICHT um das Internet

von , 17.1.10

Piratenpartei-Vorstand Aaron König glaubt, dass CDU und SPD die Wurzel der Piratenpartei-Bewegung noch immer nicht richtig verstehen, wenn sie sich nun verstärkt um das Internet kümmern wollen. Das Thema der Piraten sei nämlich nicht das Internet, sondern das politische System. Das Netz sei nur das Vehikel, um eine Demokratisierung einzufordern:

Doch die Altparteien haben leider nicht begriffen, dass es überhaupt nicht um das Internet geht. Das Netz ist lediglich ein Kommunikationsmedium. …

Worum es wirklich geht, ist eine andere, bessere Form der Demokratie. Es geht um ein politisches System, in der die Bürger an allen Entscheidungen beteiligt sind, und in dem die staatlichen Institutionen sich nicht als „hoheitlich“ (sic!) verstehen, sondern als Dienstleister für die Bürger. Alle staatliche Prozesse müssen transparent sein, alle Entscheidungen wirklich demokratisch gefällt werden. Die Parteienoligarchie der Bundesrepublik, in der viele Entscheidungen von Funktionären in Hinterzimmern ausgekungelt werden, verdient die Bezeichnung Demokratie, also „Volksherrschaft“, meiner Ansicht nach nur sehr eingeschränkt.

>>> Ich meine, dass König hier einen zentralen Punkt trifft. Die Piratenpartei ist bekanntlich keine hierarchische Mitgliederpartei. Sondern sie ist eine Art Plattform für thematische Ad-hoc-Mitmachbündnisse aus libertärdigitaler Grundhaltung*. In ihrem Kern liegt damit genau jene kommunikative Situation, die man aus dem Internet kennt: Sich jeden Tag neu entscheiden, welche Sites man besucht, wem man sich anschließt, wen man retweetet. Wenn die Volksparteien das Zeitungsabo sind, dann ist die Piratenpartei Rivva. In den klassischen Parteien findet Führung durch Delegation statt, bei den Piraten durch gelebte oder empfundene Partizipation. Daher können die Volksparteien die Piratenpartei auch nicht imitieren, ohne sich selbst vorher radikal umzubauen – was derzeit kaum wahrscheinlich erscheint.

Zugleich ist die Piratenpartei damit noch kein zwingendes Erfolgsmodell der zukünftigen Parteigeschichte. Der basisdigitaldemokratiche Impuls will erst einmal erfolgreich mit parteipolitischen Notwendigkeiten wie Verlässlichkeit und Abgrenzung kombiniert werden.

* = stark überarbeitungsfähiger Beschreibungsansatz für die Piratenpartei – Vorschläge gerne.

Siehe zu diesem Thema auch:

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