von Ulrich Horn, 3.8.13
Skandale wirken wie Krebsgeschwüre. Sie neigen dazu, Metastasen zu bilden. Das kann man am Fall Berlusconi studieren. Viele freut, dass er jetzt wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde.
Man muss nicht nach Italien schauen, um das hoch-maligne Wesen von Skandalen zu beobachten. Auch in Deutschland agiert ein prominenter Steuerbetrüger in der Öffentlichkeit. Ulrich Hoeneß tut so, als sei nichts geschehen. Dabei hat auch sein Skandal weitere Skandale erzeugt.
Eine unglaubliche Zumutung
Hoeneß betrog den Staat um Steuern. Das disqualifiziert ihn, unabhängig von seiner Bestrafung, für öffentliche Aufgaben. Er müsste zurücktreten. Er tut es nicht.
Er verstieß nicht nur gegen Recht und Gesetz. Er weigert sich auch, Konsequenzen zu ziehen. Damit steigert er sein unmoralisches Verhalten. Er zwingt jedermann, es zu ertragen – eine unglaubliche Zumutung von jemandem, der mit seinem Verein in großem Umfang Dienstleistungen des Staats sowie Steuern und Fernsehgebühren der Bürger in Anspruch nimmt.
Wie ein halbseidener Krauter
Der FC Bayern erhebt den Anspruch, der beste Verein der Welt zu sein. Er hätte den Betrüger an seiner Spitze aus dem Verkehr ziehen müssen. Er tut es nicht – eine töriche Demonstration großer Ignoranz.
Der Verein verhält sich wie ein halbseidener Krauter. Die Vereinsbosse um Rummenigge, der DFB, die DFL und die Claqueure unter den Sportjournalisten führen sich auf wie Kumpane. Sie entlarven den pädagogischen und gesellschaftlichen Anspruch des Fußballs und den Geist seiner Regeln als Phrase. Wir kennen das schon vom Radsport, der inzwischen ebenfalls auf den Hund gekommen ist.
Eine internationale Affäre
Den größten Skandal im Gefolge des Hoeneß-Skandals produzieren jedoch die Manager der deutschen Weltunternehmen, die im Bayern-Aufsichtsrat sitzen. Sie sollen in dem Verein wie in ihren Unternehmen die Regeln guter Unternehmensführung durchsetzen. Sie tun es nicht.
Sie schauen dem Treiben des Vereins, der alle Werte missachtet, unfassbar untätig zu. Hätten sie in ihren Unternehmen wie Hoeneß agiert, hätte man sie vom Werksgelände gejagt. Statt beim FCB ihre Pflicht zu tun, machen sie aus dem Hoeneß-Skandal eine international beachtete Affäre. Ihr Thema: der Niedergang der deutschen Unternehmenskultur. Die Aufsichtsräte setzen ihre Unternehmen, darunter Audi, Telekom, VW und Adidas, weltweit dem Verdacht aus, sie ließen bei Steuerbetrug und anderen Delikten Fünfe gerade sein.
Etwas ziemlich Ungeheuerliches
Warum tun sie das? Warum riskieren sie ihr Ansehen und das ihrer Unternehmen? Eine Antwort geben sie nicht. Sie halten es nicht für erforderlich, ihr kumpanenhaftes Verhalten zu erklären. Es bleibt ein Geheimnis, so wie der Fußball viele Geheimnisse hat, etwa das, wie die WM 2006 nach Deutschland kam.
Im Fall Hoeneß drängt sich die Vermutung auf: Könnte es sein, dass die Bayern-Aufsichtsräte gemeinsame Leichen im Keller haben und fürchten, Hoeneß werde die Kellertür öffnen, wenn sie ihn verstoßen? Was könnte da wohl ans Tageslicht kommen? Es müsste schon etwas Ungeheuerliches sein.
Crosspost von Post von Horn
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