#Journalismus

Kommunikationswissenschaft soll wieder zuverlässig für Überraschungen sorgen

von , 6.5.10

Der Wissenschaftsbetrieb folgt seinen ureigenen Gesetzen. Nur so lässt sich halbwegs begreifen, weshalb ausgerechnet in den drei Hauptstädten des deutschen Sprachraums über Jahre hinweg ein Fachgebiet stiefmütterlich behandelt wurde, das sich bei Studierenden größter Beliebtheit erfreut und eigentlich auch in der Politikberatung eine wichtige Rolle zu spielen hätte: die Kommunikationswissenschaft. Es drängt sich geradezu auf, dass sie an Regierungssitzen ein wichtiger Sparringpartner und Impulsgeber sein sollte – bei all den brennenden Fragen und Problemen, die sich für Politik und Gesellschaft, für Journalismus und Medienbetrieb und somit für die demokratische Öffentlichkeit im Internet-Zeitalter als Folgen der neuen Kommunikationstechnologien stellen.

In Wien, Berlin und Bern haben die Universitätsleitungen indes jahrelang Zustände geduldet, die es den dort Lehrenden trotz guten Willens nahezu unmöglich machten, einen geordneten Studienbetrieb aufrecht zu erhalten. Inzwischen wurden Weichen gestellt, die endlich wieder so etwas wie Aufbruchstimmung entstehen lassen könnten. Vakante Professuren wurden und werden besetzt, das Fach soll erkennbar an Profil gewinnen.

In Österreich erwartet dabei Klaus Schönbach, der jetzt im Mai von der Universität Amsterdam in die Donaumetropole wechselt, eine Herkules-Aufgabe, bei deren Bewältigung er das, was er seit Jahrzehnten lehrt, gewiss praxisnah zum Einsatz bringen kann: persuasive Kommunikation. Möge ihm mit seiner ganzen Überzeugungskraft an seiner neuen Wirkensstätte – an der so herausragende Forscher wie Paul Lazarsfeld die Grundsteine der Disziplin gelegt haben – das gelingen, was Schönbach seit langem als eine Hauptaufgabe des Journalismus sieht, was aber auch als Distinktions-Merkmal exzellenter Forschung taugt: zuverlässig für Überraschungen zu sorgen. Konkret im Blick auf die neu zu Berufenden: Sie sollten das Fach in Wien, Berlin und Bern neu erstrahlen lassen und mit ihren Forschungsleistungen ein Scherflein dazu beitragen, dass der Journalismus und die Medien in turbulenten Zeiten ihre dienende, aufklärerische Funktion für eine demokratische Gesellschaft weiterhin erfüllen können.


Diese Kolumne hat Stephan Ruß-Mohl für die österreichische Wochenzeitung Die Furche und Carta geschrieben.

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