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Kleine Änderung im Mediengesetz: Thüringer SPD will Lokalfernsehen an die WAZ verschieben

von , 19.3.09


Die Thüringer SPD-Landtagsfraktion hat eine Studie gelesen und aus dem Fazit der Studie einen Gesetzesentwurf gemacht. Demnach sollen marktbeherrschende Tageszeitungen in Thüringen nicht nur 15, sondern 25 Prozent der Anteile von Lokalfernsehanbietern besitzen dürfen. In dieser Woche wird das Gesetz verhandelt.
Ein Blick in die Begründung des Gesetzesentwurfs zeigt, wie einfach man es sich machen kann:

Laut der von den fünf ostdeutschen Landesmedienanstalten in Auftrag gegebenen und im Mai 2008 vorgestellten Studie “Gegenwart und Zukunft des lokalen und regionalen Fernsehens in Ostdeutschland” werden lokale und regionale Fernsehveranstalter in den neuen Bundesländern unter deutlich schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen betrieben als ihre westdeutschen Pendants. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die technische Kabelreichweite der ostdeutschen TV-Veranstalter oft nur mehrere 10 000 Haushalte umfasst, während für einen wirtschaftlich tragfähigen Betrieb eine Mindestreichweite von über 100 000 Haushalten notwendig wäre. Zum anderen ist das regionale und lokale TV-Werbeaufkommen in Ostdeutschland (rund ein Euro pro Jahr und Einwohner) um 30 Prozent niedriger als im Vergleichsland Bayern. Abschließend kommt die Studie zu folgendem Fazit: “Eine grundlegende Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des lokalen Fernsehens ist für die nächsten Jahre nicht zu erwarten.

Die SPD schließt aus dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage, dass es dringend erforderlich sei, dass zukünftig auch marktbeherrschende Tageszeitungen stärker im lokalen Privatfernsehen Thüringens mitmischen dürfen. Die derzeitige Gesetzeslage sei “unzulänglich”. Die bestehenden crossmedialen Beteiligungsschranken seien schädlich für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des lokalen Privatfernsehens.

Medien haben eine der Demokratie dienende Freiheit. Sie sollen der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung dienen. Dies gilt für öffentlich-rechtliche wie auch für private Medien. Dies ist auch der Maßstab, an dem man jede gesetzliche Regelung messen muss. Mit einer Beteiligung von 25 Prozent sichert man den Zeitungsunternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung eine Sperrminorität. Da die Zeitungsunternehmen auch unter einem wirtschaftlichen Druck stehen (sinkende Verkaufserlöse, sinkende Werbeeinnahmen, abnehmende Bevölkerung) werden sie versuchen, Synergien herzustellen. Synergien heißt: Inhalte mehrfach verwerten. Schon jetzt gibt es viele Landkreise, in denen es nur eine Lokalzeitung gibt. In Zukunft würde es dann viele Landkreise geben, in denen der Lokalzeitungschefredakteur auch bestimmt, was im Lokalfernsehen läuft.

In Deutschland ist es bislang kaum möglich, bundesweit Zeitungen und Fernsehen aus einer Hand anzubieten. Das Bundeskartellamt hat dem Springer-Verlag verboten, ProSiebenSat.1 zu übernehmen. Was für den bundesweiten Medienmarkt gilt, muss auch für den lokalen Medienmarkt gelten. Das Ziel von Medienpolitik muss es sein, die mediale Vielfalt zu erhalten und auszubauen. Dazu bedarf es unabhängig von einander agierender Medien. Dort, wo es konkurrierende Lokalzeitungen gibt, sind diese billiger, die lokale Berichterstattung ist umfangreicher. Konkurrenz ist also im Sinne der Demokratie wie auch der Verbraucherinnen und Verbraucher. Dort, wo es neben den Lokalzeitungen auch noch lokale Radios und lokale Fernsehsender gibt, ist die Lokalberichterstattung zumeist umfangreicher, ausführlicher und tiefer gehender.

Wenn es darum geht – aus staatlicher Sicht – diese Vielfalt zu erhalten, ohne in die Rundfunkfreiheit einzugreifen, dann muss man das Bayrische Modell auf Thüringen übertragen. In Bayern erhalten die lokalen Fernsehanbieter aus dem Staatshaushalt von der Staatskanzlei eine Verbreitungs- und Programmförderung von 5,6 Mio. Euro (im Jahre 2008). Für 2009 sind 10 Mio. Euro eingeplant.

Fazit: Real ist dieser Gesetzesentwurf ein weiterer Schritt auf dem Weg Thüringens in die Abhängigkeit eines Medienkonzerns – der WAZ. Die WAZ kooperiert schon mit dem WDR, indem es dessen Fernsehbeiträge auf ihrem Internetportal nutzt. Die WAZ möchte sich ein crossmediales Standbein auch in Thüringen sichern. Dass die Thüringer SPD ihr dabei helfen will, ist klar. Schließlich war der Geschäftsführer der WAZ, Bodo Hombach, Kanzleramtsminister von Gerhard Schröder (SPD). Während Bodo Hombach (bei der WAZ) 300 Stellen in den Lokalredaktionen abbaut, will die SPD seine Geschäftsfelder in Thüringen erweitern.

Das Ziel, die lokale Medienlandschaft und die übrig gebliebene Vielfalt zu erhalten, ist richtig. Der Lösungsansatz über höhere Beteiligungsschwellen aber ist falsch. So kann man die Lokalfernsehanbieter eine Zeit über Wasser halten. Doch die Medienvielfalt wird langfristig abgebaut. So, wie jetzt aus 15 Prozent 25 werden, wird es in einigen Jahren den Druck geben, den Anteil auf 50 oder 100 Prozent zu erhöhen. Wenn Thüringen der SPD folgen würde, würde es in nicht allzu ferner Zukunft möglicherweise nur noch ein Medienkonzern in Thüringen geben.

Heiko Hilker ist Koordinator der Medienpolitik der LINKEN.

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