von Wolfgang Michal, 30.7.12
Wer hätte gedacht, dass die eher dröge Kreiszeitung der Nordheide – das Elbe & Geest-Wochenblatt – mal einen journalismus-kritischen „Knüller“ landen würde. Am vergangenen Samstag lautete die Aufmacher-Schlagzeile: „Massentierhaltung als ein PR-Event“, Unterzeile: „Fachmagazin ‚journalist’ organisiert Workshop für ‚gefällige Journalisten’“.
Der empörte Text hat es in sich:
„Das monatlich erscheinende Fachmagazin des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) fordert gern ‚unabhängigen Journalismus’ und prangert Missstände in Redaktionen an. Aber wie passt das zu dem Seminar ‚Ab in den Hühnerstall’, zu dem der Verlag Rommerskirchen, das Mutterschiff des ‚journalist’, gemeinsam mit der Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel jetzt nach Buchholz eingeladen hatte?“
Der Inhalt des Workshops habe lediglich aus „Jubel-Referaten zum boomenden Geflügelmarkt“ bestanden. So habe ein Tiermediziner die stärkende Wirkung von Antibiotika hervorgehoben und ein Agrarstatistiker habe nachgewiesen, „wie die Leser mit gefälschten Nachrichten über Massentierhaltung manipuliert werden“.
Das Seminar fand am 20. Juli statt – teilweise im Geflügelmaststall eines niedersächsischen Hühnermastbetriebs. Vor Jahren hatten dort „radikale Tierschützer“ Feuer gelegt, deshalb wollte die Geflügelwirtschaft in die “Dialogoffensive” gehen. Die Zeit berichtete damals über den „Hähnchenkrieg von Sprötze“.
Für die Teilnehmer des Workshops, so das Elbe & Geest-Wochenblatt sarkastisch, sei bestens gesorgt worden: „Shuttle-Service vom Hauptbahnhof Hamburg nach Buchholz, Übernachtung in einem guten Hotel und Mittagessen – alles kostenlos“. „Partner aus der Wirtschaft“ hätten den Workshop mitfinanziert. Das Ganze sei offenbar seit vielen Jahren Praxis:
„Der Ausflug in den Hühnerstall war nicht das erste Seminar dieser Art, zu dem der Verlag Rommerskirchen unter dem Begriff ‚journalist workshops’ eingeladen hatte.“
Auch Mercedes, die Dresdner Bank oder die Holzwirtschaft („Auf einem Holz-Vollernter ein Live-Interview mitschneiden!“) hätten schon ähnliche Veranstaltungen gesponsert.
Nun ist der Verlag Rommerskirchen, der u.a. den journalist, die Mitgliederzeitschrift des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) verlegt, nicht identisch mit dem DJV. Aber ein Gschmäckle hat es schon, dass der Schriftzug für das PR-Angebot „journalist workshops“ identisch ist mit dem Schriftzug auf der Mitgliederzeitschrift des DJV. Und der Verlag Rommerskirchen schreibt in seiner Pressemitteilung vom 7. Mai ausdrücklich: „Kostenloser Workshop für Journalisten – Der journalist und die Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel (IDEG) ermöglichen einen Blick auf die moderne Geflügelhaltung.“
Wie heißt es so schön im Pressekodex: Journalismus und PR sollte man trennen.