#Haushaltsabgabe

GEZ-Reform: Wie stehst du zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk?

von , 11.6.10

Halbrichtige Lösung, falsche Zeit. Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem ist ein Relikt aus einer Zeit, da Frequenzen knapp waren. Als es weder Satelliten- noch Kabelfernsehen und erst recht kein Internet gab, mag es angemessen gewesen sein, die knappen Frequenzen an öffentlich-rechtliche Anstalten in gesellschaftlicher Kontrolle zu verteilen.

Heute ist das ein Anachronismus: Spätestens seit es Audio- und Videostreaming gibt, gibt es keine Knappheit an Frequenzen mehr. Die Bedingungen für einen funktionierenden Markt wären also gegeben. Spätestens jetzt muß man sich die Frage stellen, warum eine Grundversorgung an Radio und Fernsehen eine quasi-hoheitliche Aufgabe ist, eine an Zeitungen, Büchern, Inhalten im Internet aber nicht.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und besonders der – leider durch das Verfassungsgericht definierte – Anspruch, ein Vollprogramm zu bieten, machen einen funktionierenden Markt unmöglich: Wenn es ein werbefreies und zwangsfinanziertes Monopol gibt für seriösen Journalismus, können private Sender natürlich dagegen nicht ankommen. An den anderen Medien sieht man ja, daß es auch ohne öffentlich-rechtliche Mitspieler zu seriösem Journalismus kommt. Zudem greift die Zwangsgebühr Geld ab, das dann nicht mehr als Budget für privat finanzierten Medienkonsum zur Verfügung steht.

Die Konstruktion eines öffentlich-rechtlichen, neutralen Mediums scheint mir auch seltsam: Die Debatte um Nikolaus Brender hat ja mal wieder ans Licht gebracht, daß es so weit nicht her ist mit parteipolitischer Neutralität. Neutralität halte ich sowieso für eine Chimäre, und selbst Ausgewogenheit erreicht man besser, indem es mehrere Medien gibt. Proporzgremien sind nur eine sehr unzureichende Simulation von Pluralität. Pluralität erreicht man, indem es die Möglichkeit verschiedener Quellen gibt. – Wer weiß, vielleicht hätten wir ohne ARD und ZDF heute die Äquivalente von FAZ, Süddeutsche und Zeit als Fernsehsender? Wenn’s die FAZ und die Süddeutsche privat organisiert gibt: Warum sollte das bei der Tagesschau nicht funktionieren?

Wenn es schon öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben soll, dann subsidiär: Bereits jetzt würde der Medienmarkt etwa Fußballweltmeiserschaften ohne quasistaatliche Intervention übertragen; daß alle Spiele im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kommen, kostet nur grotesk viel Geld, das nicht über freie Entscheidung der Konsumenten, sondern über Zwang eingezogen wird.

Ein subsidiärer öffentlich-rechtlicher Rundfunk würde nur das zeigen, was der Markt nicht produzieren würde, aber dennoch (von wem?) für unerläßlich erachtet würde oder was zu zeigen Staatsaufgabe ist. Was das aber mehr sein soll als die Übertragung von politischen Akten, die Transparenz erfordern – wie Bundestagssitzungen –, weiß ich nicht, und das ließe sich doch ohne verfassungsrechtliche Probleme steuerfinanzieren, da braucht’s keinen öffentlich-rechtlichen Apparat.

crosspost von formspring.me.

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