von Tobias Schwarz, 2.2.13
In einem Selbstversuch als bündnisgrüner Netzpolitiker mit Interesse an starken Bürgerrechten werde ich als neu angemeldetes Mitglied des Netzwerks versuchen, an dem Wahlprogramm mitzuschreiben. Die FDP war einmal eine Partei, die sich sehr stark für Bürgerrechte einsetzte. Eine bewundernswerte Eigenschaft, die ihr in den letzten Jahrzehnten Stück für Stück abhanden gekommen ist. Ich bin gespannt, ob es mir gelingt, ein Thema wie die Bürgerrechte im Wahlprogramm der Liberalen zu stärken.
Darf ich das überhaupt? Von den Regeln der Plattform her ist es mir zumindest erlaubt. Die FDP setzt mit “Meine Freiheit” auf einen breiten innerparteilichen Dialog, betont aber auch die intensive Einbindung von Interessierten.
Ich bin am Thema Bürgerrechte interessiert. Ob ich das aus dem Blickwinkel des übereifrigen Engagements für das Thema machen sollte, kann ich auch nicht genau beantworten. Nehmen wir an, ich habe Erfolg, dann werde ich wahrscheinlich die bürgerrechtspolitische Agenda der nächsten Bundesregierung mitgestaltet haben – unabhängig davon, ob die Grünen oder die FDP in der Regierung sind. Ob hier die vielfältige Aktivität von wenigen Akteuren so viel Einfluss in einer Demokratie haben sollte, oder es sich nicht doch schon um eine “Diktatur der (digitalen) Aktiven” handelt, ist meiner Meinung nach noch offen. Demokratie braucht funktionierende Regeln, die auch gerade auf Grund solcher Möglichkeiten vielleicht erst noch entwickelt werden müssen.
In “Meine Freiheit” haben registrierte Nutzer_innen die Möglichkeit, den von der Programmkommission unter Leitung von FDP-Generalsekretär Patrick Döring erstellen Entwurf zu kommentieren und eigene Vorschläge einzubringen. Ähnlich wie bei einem Beteiligungstool wie Liquid Democracy, können andere Nutzer_innen die Vorschläge kommentieren und bewerten. Die Person, die den Vorschlag gemacht hat, findet auf diesem Weg Unterstützer_innen für eine Position, und ein digitaler Debattenprozess entsteht. Die Bewertungen von Parteimitgliedern werden höher bewertet als die von Interessent_innen. Damit soll versucht werden, das Wahlprogramm von “illiberalen Positionen” frei zu halten. Nach Ablauf des Verfahrens wählt die Programmkommission der FDP dann Vorschläge aus, die sie in den Leitantrag zum Parteitag übernimmt.
Ich habe im Abschnitt IV bereits einen ersten eigenen Vorschlag eingereicht. Im Arbeitsdokument steht:
Sogenannte Creative-Commons-Lizenzen haben ihre Berechtigung neben urheberrechtlich strenger geschützten Lizenzen. Ein gesetzlicher Vorrang für das eine oder das andere Modell würde in das Urheberpersönlichkeitsrecht zu stark eingreifen. An dieser Wahlfreiheit der Urheber sollen sich auch Verwertungsgesellschaften gegenüber ihren Mitgliedern messen lassen. Das jetzige Urheberrecht bietet ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Urheber und den Erstellern sogenannter Remixes und Mash-Ups. Meinungsbildung, Satire und Interessen des Urhebers sind in einem ausgewogenen Verhältnis.
Mein Verbesserungsvorschlag ist, diesen Abschnitt um die Forderung zu ergänzen, dass “Werke, die ein Ergebnis eines öffentlichen ausgeschriebenen Projektes einer staatlichen Institution sind, müssen unter einer möglichst freien Creative Commons Lizenz veröffentlicht werden, damit Werke, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden, auch der Gesellschaft zur Verfügung stehen“. Wer meines Erachtens nach echte Teilhabe ermöglichen möchte und freie Lizenzen fördern will, sollte von der Öffentlichkeit finanzierte Werke auch der Gesellschaft zur freien Verfügung stellen. Dies kann durch staatliche Ausschreibungen geregelt werden, für die sich Urheber_innen bewerben können oder auch nicht, wenn ihnen die Creative Commons-Lizenz nicht gefällt. Eine weitere Idee wäre es, Preisgelder nach der Wahl der Lizenz der Urheber_innen zu staffeln, wie es die österreichische Stadt Linz macht. Künstler_innen, die ihre Werke unter einer freien Lizenz veröffentlichen, bekommen mehr Fördergelder als die, die ihre Werke nicht der Gesellschaft frei zugänglich veröffentlichen.
Über meinen Versuch, das Wahlprogramm der FDP zu hacken und sie an ihre alte Rolle als Partei der Bürgerrechte zu erinnern, werde ich hier ab und zu berichten. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich kein grünes U-Boot bin und lediglich die mir von der FDP ermöglichten Beteiligungsformen nutze, um Themen zu stärken, die mir wichtig sind und es der FDP einmal waren.
Crosspost von Logbuch des Isarmatrosen. Dieser Text wird veröffentlicht unter einer CC BY-SA-Lizenz.