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Europawahl · Kein Fest der Demokratie

von , 26.5.14

In Deutschland hat die AfD abgesahnt. Sonst gibt es fast nur Verlierer. Auch Merkels Konservative sind geschwächt, sie bleiben aber stärkste Fraktion und können ihr Gesicht wahren – gerade so.

Schon am Wahlabend forderte der konservative Spitzenkandidat Juncker, Merkel & Co. müssten ihn nun zum Kommissionschef nominieren. Doch glänzend ist sein Sieg nicht ausgefallen.

Und ob er sich im Europäischen Rat durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Cameron, Rutte und Orbán sind dagegen, SPD-Frontmann Schulz und seine Genossen wollen Bedingungen stellen. Wenn überhaupt, kann sich Juncker nur mit einer großen Koalition durchwurschteln. Im Europaparlament bleibt also im Wesentlichen alles beim Alten.

Interessanter sind die anderen Trends:
 

  • Wahlbeteiligung: Fällt sie noch schlechter aus als 2009? Nein, sie lag sogar etwas höher. Aber nicht so deutlich, dass die Legitimität des neuen Parlaments gestärkt wäre.
  • Spitzenkandidaten: Konnten sie sich nur in ihren Heimatländern durchsetzen, oder auch darüber hinaus? Das lässt sich noch nicht klar sagen. Schulz ist in Frankreich gescheitert, Juncker hat nirgendwo zugelegt. Das Spitzenkandidaten-Experiment war kein großer Erfolg, um es vorsichtig zu sagen.
  • Rechte: Werden sie stärker als die Liberalen (zuletzt 83 Sitze)? Nein, danach sieht es derzeit nicht aus. Liberalen-Chef Verhofstadt sieht sich weiter als dritte Kraft, die Grünen behaupten Platz vier. Das kann sich aber noch ändern – wenn die Rechten sich formieren.
  • Deutschland: Verbannt die AfD die FDP in den Keller? Dann wäre Kanzlerin Merkel an die SPD gefesselt, es könnte ihren Machtverlust einleiten. Und siehe da, genau so ist es gekommen: die AfD ist der großer Gewinner in Deutschland, sie legt stärker zu als die SPD.
  • Großbritannien: Wenn die rechte UKIP siegt, dürfte Premier Cameron noch mehr EU-Sonderrechte fordern, auch ein „Brexit“ würde wahrscheinlicher. Auch dies hat sich bewahrheitet. Cameron ist geschwächt und könnte nun in Brüssel wild um sich schlagen.
  • Frankreich: Holt der rechtsextreme Front National die meisten Sitze? Oui, in Paris ist das schlimmstmögliche Szenario wahr geworden.  Wie lange kann sich Präsident Hollande noch halten? Auf EU-Ebene ist er nur noch ein Zwerg, niemand nimmt ihn mehr ernst.
  • Italien: Besteht der neue Premier Renzo seinen ersten Test – oder gewinnen Grillo und andere “Clowns”? Ja, Renzo hat sich offenbar ganz gut behauptet. Italien steht nun besser da als Frankreich, auch wenn die EU-Gegner stark bleiben.
  • Griechenland: Holt die Linke Syriza die meisten Sitze? Ja, Tsipras und seine Genossen haben es geschafft, sie werden stärkste Partei. Ob nun auch die Regierung in Athen stürzt, bleibt aber abzuwarten.

 
Insgesamt ist die EU bei dieser Wahl knapp am Debakel vorbeigeschrammt. Nur die leicht höhere Wahlbeteiligung und die Niederlage von Geert Wilders in den Niederlanden erlauben es Merkel, Juncker & Co., das Gesicht zu wahren. Doch ein Fest der Demokratie ist dies nun wirklich nicht.
 
Crosspost von Lost in EUrope

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