#Denglisch

Ein Falke namens Juhro Hohk

von , 23.5.13

Ich sach’ mal: Als Nachrichtenredakteur hat man’s ja auch nicht leicht. Da fegen gerade Tornados halbe Städte im land of the free weg, viele Tote gab’s. Ägyptische Truppen sind auf dem Sinai unterwegs. In Berlin zeigen sich mehr Steuerbetrüger selbst an. Und dann gibt es da noch dieses Drohnenprojekt „Euro Hawk“, das im Nachrichtenjargon bereits „gescheitertes Drohnenprojekt“ heißt. Ist zwar oft völlig richtig, so ein festes Attribut, aber es ist auch eine sehr gefährliche Sache im Nachrichtengeschäft.

Man merkt daran, dass es in der Medienmangel schon ein paar Mal durchgedreht wurde. Gefährlich ist das feste Attribut, weil so etwas wie ein „gescheitertes Drohnenprojekt“ natürlich sehr schnell sehr langweilig wird. Jedenfalls dem Nachrichtenredakteur. Und der macht daher was: Es noch mal ein bisschen besser erklären als bisher? Mehr Hintergründe recherchieren? Quatsch.

Wenn tatsächlich noch irgendetwas die Kreativität in deutschen Redaktionen antreibt, dann ist es die möglichst alberne Darstellung von allem, was mit Politik zu tun hat. Wenn man also beim Info-Radio vom Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) arbeitet, einem ausgewiesenen Nachrichtenprogramm, und sich beruflich mit dem „gescheiterten Drohnenprojekt“ befassen soll – auf welche naheliegende Frage kommt man dann?

Etwa: Ist das tatsächlich der „Skandal“, der den Verteidigungsminister den politischen Kopf kosten soll/wird/muss? Oder ist politischen Prozessen vielleicht gar nicht so einfach mit Schuldzuweisungen beizukommen, weil sie etwas komplexer als verschüttete Milch auf dem Frühstückstisch sind? Schreit dieser Fall nicht geradezu nach ebenso verwirrenden, nicht eindeutigen, leider aber wohl realistischen Grautönen, weil der Murks vielleicht schon bei Rot-Grün anfing? Wäre das nicht das Thema, weil es neben der Personalisierung sowieso gut in das andere Journalisten-Klischee „Die-sind-ja-alle-korrupt-und-hängen-mit-drin-die-Krähen“ passt?

Nein, das RBB-Info-Radio entschied sich am Dienstag um kurz nach 14 Uhr, die viel näher liegende Frage zu klären: Wie heißt das „gescheiterte Drohnenprojekt“ eigentlich? „Euro Hohk“ oder „Juhro Hohk“. Also: deutsch oder englisch ausgesprochen? Das ganze in einer so genannten „Collage“ aus Politikern, Radio- und Fernsehsprechern, die mal „Euro Hohk“ und mal „Juhro Hohk“ sagen. Höhö. Spitzenkomik. So stellt man sich also Hully Gully, pardon: Halli Galli, in der Nachrichtenredaktion vor.

Dass in solchen Redaktionen überhaupt noch jemand auf den Gedanken kommt, das Ding einfach „Euro-Falke“ zu nennen, davon ist wohl eher nicht auszugehen. Wäre vermutlich zu viel des Service an den nicht des Englischen mächtigen Zuhörern.

Nach dem „Juhro Hohk“-Beitrag gab es in diesem Info-Radio übrigens ein Interview mit einem Künstler aus den USA. Der sagte ständig sehr sympathisch „Börlin“ statt „Bärlin“. Vermutlich haben die Redakteure danach mit Fingern auf ihn gezeigt, oder es gab gleich Kloppe. Wir können da natürlich nur anbieten: einen Abzug in der B-Note, bzw. „deductions in the b-note!“, oder wie das jetzt wieder heißt …
 
Crosspost von Marcus Müllers Debattiersalon-Kolumne B-Note

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