#Medienpolitik

Beck: “Die Gremien stehen unter Beobachtung”

von , 24.10.08

Kurt Beck hat sich als Chef der Medienkommission noch einmal in der Süddeutschen Zeitung zum neuen Rundfunkstaatsvertrag geäußert. Das Interview enthält zwei aufschlussreiche Passagen. Einerseits wird noch einmal sehr deutlich, dass die Sieben-Tage-Frist für sendungsbegleitende öffentlich-rechtliche Online-Angebote eine weiträumige Ausnahmeregelung von einer universellen Rechenschaftspflicht ist, wie Sie die EU-Kommission gerne sehen würde:

Beck: “Die EU-Kommission möchte, dass generell alles unter den Drei-Stufen-Test gestellt wird, weil man in diesem Fall auf jede Zwischenfrist verzichten könnte.”

Die Grünen behaupten gerne, der neue Rundfunksstaatsvertrag sei eine weite Übererfüllung des Beihilfe-Kompromisses mit der EU-Kommission. Das Gegenteil ist richtig, nach der EU-Kommission sollte eigentlich jedes öffentlich-rechtliche Telemedienangebot seinen gesellschaftlichen Mehrwert per Drei-Stufen-Test nachweisen. Die Sieben-Tage-Regel ist eine von der deutschen Seite installierte weiträumige Ausnahme von dieser Nachweispflicht. Die Sieben-Tage-Regel ist eine Art Verlängerung der alten Rundfunkfreiheit mit Siebentagesfrist ins Netz.

Der zweite Aspekt betrifft die Aufsicht über den Drei-Stufen-Test. Die EU-Kommission ist ganz augenscheinlich sehr skeptisch, ob die Gremien hier zu einem kritischen Verfahren in der Lage sind. Doch gerade in diesem Punkt kann sie der deutschen Politik nur Hinweise geben – und nicht reinreden. Die Aufsichtsstruktur ist nun einmal Sache der nationalen Regierung.

Beck: Die Gremien werden mit dieser zusätzlichen Aufgabe wissen, dass, wenn sie ihr nicht gerecht würden, alle auf den Plan gerufen wären: der europäische und der deutsche Gesetzgeber. Die Gremien stehen da mit dem Drei-Stufen-Test unter Beobachtung. Ich habe ja außerdem immer darum gekämpft, dass sich die Gremien fachkundige Hilfe holen können, etwa bei der Bewertung der Marktbeeinflussung durch ein neues Angebot von ARD und ZDF. Käme es zu einem Missbrauch, müsste die Rechtsaufsicht des jeweiligen Landes tätig werden.

Mahnender als jemals zuvor macht auch Beck hier klar, dass die Gremien – gerade auch nach einem wenig geglückten Probelauf durch den SWR-Rundfunkrat – nun eine Art letzte Bewährungsprobe erhalten. Er droht hier  recht unverholen mit dem Eingreifen der Rechtsaufsicht. Für den sonst eher milden Beck ist dies schon eine sehr starke Aussage.

Beck geht auch noch einmal auf seinen Vorschlag für einen “Kontaktausschuss für Telemedien” ein. Hier sollen ARD, ZDF, Verleger und Privatfunker an einem Tisch Streitfragen abklären. Der Ansatz zeigt noch einmal, wie stark die Medienpolitik zu Korporatismus und großen Einheiten neigt. Die Politik mag es wie beim WAZ/WDR-Bündnis – die Großen arbeiten zusammen und schaffen so Berechenbarkeit. Die Entscheidung über Telemedienkonzepte ist jedoch eine gesellschaftliche und sollte nicht in Kungelgremien getragen werden. Zudem sind von den Telemedienangeboten der Öffentlich-Rechtlichen noch sehr viel mehr Unternehmer betroffen als nur Verleger und Privatfunker- etwa die Community-Anbieter oder die reinen Online-Publisher. Mit denen redet die Politik aber (noch) nicht.

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