#Medienwandel

Nach Netzeitung-Aus: Zeitungssterben vs. Online-Medien-Tod. Wer stirbt schneller?!

von , 7.11.09

Nach etwa zehn Jahren geht die Netzeitung offline. Mit einer ganz kurzen Meldung unter der Überschrift „Aus für die Netzeitung“ informiert die Publikation ihre Leser. So kurz, so drastisch, dass man zunächst eher an eine Aktion von Hackern oder einen Aprilscherz denkt, als daran, dass die Internetpublikation tatsächlich vor dem Aus steht. Die Netzeitung zitiert mit minimalem Vorwort nämlich lediglich eine Pressemitteilung des Besitzers, der Mediengruppe M. DuMont Schauberg.

Doch die Pressemitteilung existiert tatsächlich. Und die ist so kaltschnäuzig, dass man sie mehrfach lesen muss. Trocken und gefühlslos heißt es schon im zweiten Satz „Aus diesem Grund wird sämtlichen Mitarbeitern in Kürze betriebsbedingt gekündigt werden.“ Der Grund, das sind die ominösen „wirtschaftlichen Gründe“, die uns nicht erst seit der Wirtschaftskrise überall da begegnen, wo man sich nicht traut zu sagen „Ihr werft keinen oder zu wenig Gewinn ab!“.

Dass man die laut Spiegel Online grade einmal zwölf fest Beschäftigten nicht innerhalb des Verlags an anderer Stelle einsetzt, muss einen ebenso wundern, wie die wortkarge Meldung der Netzeitung selbst. Man gewinnt nahezu den Eindruck, die Redaktion wäre selbst vor den Kopf gestoßen worden. Dass die Meldung zunächst nur vom Verlag und nicht auch von der Netzeitung selbst veröffentlich wurde, mag diesen Verdacht bekräftigen, ungeschickt war es jedoch auf alle Fälle.

Wirklich glücklich wurde kein Eigner mit der Netzeitung, häufig wechselte sie den Besitzer. Aktuell gehört sie der bereits erwähnten Mediengruppe M. DuMont Schauberg, die bundesweit dadurch in Erscheinung tritt, angeschlagene Zeitungen aufzukaufen. In Zukunft soll die Netzeitung als automatisiertes Nachrichtenportal weiter leben. Ob das jedoch jemand braucht, neben Rivva und Google News, darf bezweifelt werden.

Der Niedergang deutete sich in der letzten Zeit an. Ähnlich wie Scoyo lockte die Netzeitung zuletzt nur vergleichbar viele User an, wie ein erfolgreicher Blog. Laut alexa.com näherten sich die Pageviews in den vergangenen Wochen spreeblick.com an, waren teilweise sogar geringer.

Mit dem Aus für die Netzeitung forderte das Jahr 2009 gleich zwei prominente Opfer unter den überregionalen, reinen Internetpublikationen in Deutschland. Im Februar starb bereits zoomer.de. Den gleichen Stellenwert wie den „Tod“ einer Printzeitung nehmen die Fälle in der Öffentlichkeit jedoch nicht ein, auch wenn die Netzeitung aufgrund ihres Alters vielleicht etwas mehr Beachtung finden wird.

Die Berichte über das Zeitungssterben könnten derweil ganze Bücher füllen. Die Schuld wird häufig beim Internet- mal zu Recht, mal zu Unrecht- gesucht. Doch auch hier sterben Medien aus, besonders wenn sie nicht durch welche der wenigen (noch) lukrativen Printmedien refinanziert werden. Es erinnert an ein trauriges Wettrennen, oder noch eher an das Kinderspiel „Reise nach Jerusalem“: Print- oder Onlinemedien, wer stirbt zuerst?

Die Leser, die Journalisten, ja eigentlich alle Beteiligten können nur hoffen, dass es zu keinem solchen „Endspiel“ kommt. Dafür jedoch wird es nötig sein, endlich erfolgreiche Finanzierungsmodelle zu finden. Für alle Mediengattungen.

D

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