#EEG

Warum die INSM für die Energiewende, aber gegen das EEG ist

von , 17.10.12

Selten hat die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) mehr Aufmerksamkeit zu einem Thema erhalten wie für ihre aktuelle Kampagne “Energiewende machen, EEG stoppen!“. Es zeigt sich: Das Thema bewegt die Menschen, die Medien und ist –  spätestens mit der gestiegenen EEG-Umlage – auch in der Politik angekommen.

Fürsprecher wie Gegner unserer Kampagne sind zahlreich. Letztere werfen uns im Kern vor, nicht wirklich für die Energiewende zu sein, das Rad zurückdrehen zu wollen. Nicht selten lesen wir, im Auftrag der Atomindustrie unterwegs zu sein (sind wir nicht). In der Tat ist unsere Position für den interessierten Laien erklärungsbedürftig. Wir sind für die Energiewende, aber gegen das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Erklärungsbedürftig deshalb, weil das EEG für den Aufschwung der erneuerbaren Energien steht. Ist also jemand, der das EEG ablehnt, nicht automatisch auch gegen den weiteren Ausbau dieser Energieformen?

Nein, ist er nicht. Warum nicht?

Der INSM geht es darum, die Vorteile der erneuerbaren Energien (keine Altlasten, Klimaschutz, keine Abhängigkeiten von Rohstoffen und den Ländern, die sie besitzen u.a.) mit den Vorteilen der Marktwirtschaft zu verbinden. Letzteres fehlt beim EEG praktisch völlig.

Mit dem EEG wird einer vorgegebenen Zahl von Technologien ein politisch ausgehandelter, garantierter Preis gezahlt. Und zwar jeder Technologie ein unterschiedlicher Preis. Was sind die Folgen?

  • Mit dem EEG verbauen wir unsere Zukunft, weil wir ausschließlich die aktuell vorhandenen Technologien fördern. Wir fördern, was wir kennen: Windräder, Solaranlagen, Biogas. Energie-Erzeugungsformen der Zukunft können nicht entstehen. Fortschritt außerhalb der etablierten Technologien wird verhindert. Wir zementieren den Status quo.
  • Die garantierten Einspeisepreise des EEG verhindern, dass sich die Erzeuger um die Verbraucher kümmern. Wie würde ein Supermarkt aussehen, wenn er alle Produkte zu einem festgelegten Preis garantiert abgenommen bekäme? Der Supermarkt-Leiter müsste sich weder um ein Sortiment kümmern, das sich an den Wünschen der Verbraucher orientiert, noch würde er im Preiswettbewerb zum konkurrierenden Supermarkt stehen. Eine Folge im konkreten Fall der erneuerbaren Energie: Investitionen in Speichertechnologien bleiben aus. Wer sich nicht nach den Interessen der Kunden richten muss (z.B. “hoher Stromverbrauch am Morgen”), sondern sein Produkt zu jedem Zeitpunkt zum gleichen Preis abgesetzt bekommt, der muss sich eben auch nicht darum kümmern, Produkte gerade dann vorrätig zu haben, wenn der Kunde sie braucht. Der Strom aus den vorhandenen erneuerbaren Energie-Technologien wird aber nur dann der Strom der Zukunft sein, wenn es uns gelingt, ihn zu speichern und eben dann zur Verfügung zu stellen, wenn er benötigt wird.
  • Das EEG ist ungerecht. Wir haben vom IW Köln die Umverteilungswirkung des EEG untersuchen lassen. Ein Ergebnis: Einkommensschwache Haushalte werden durch das EEG relativ zum Einkommen bis zu zehn Mal stärker belastet als Haushalte mit hohem Einkommen. Dieser Effekt könnte sogar noch höher ausfallen, wenn man bedenkt, dass vor allem Hauseigentümer, die tendenziell überdurchschnittliche Einkommen beziehen, von der EEG-Förderung profitieren, da nur Eigenheimbesitzer Solardächer installieren können.
  • Der wichtigste Punkt aber ist: Die Energiewende ist viel zu teuer. Der gleiche Ausbau der erneuerbaren Energie könnte viel günstiger erreicht werden. Wir haben die Kosten in einer Studie vom RWI in Essen beziffern lassen. Behält man das heutige EEG-Fördersystem bis 2020 in unveränderter Form bei, ist mit Zusatzkosten von knapp 59 Milliarden Euro für die Stromverbraucher zu rechnen. Würden die erneuerbaren Energieformen dagegen im Wettbewerb stehen, so würden nur 6,8 Milliarden Euro anfallen, so das RWI. Diese Zahl ergibt sich, wenn man die heute günstigste erneuerbare Energieform (Windräder auf dem Land) als alleinigen Produzenten für erneuerbaren Strom heranzieht. Wir könnten also 52 Milliarden Euro sparen – und hätten das gleiche Ziel erreicht.

Wie gesagt, die INSM ist gegen das EEG, aber für die Energiewende. Deshalb haben wir auch einen Alternativ-Vorschlag, mit dem die Energiewende deutlich günstiger würde. Wir nennen diese Alternative “Wettbewerbsmodell Erneuerbare Energien“, kurz WEE. Es entspricht im Kern dem geläufigeren Quotenmodell, das mit der Monopolkommission, dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) prominente Unterstützer hat.

Bei diesem Modell entscheidet nicht mehr die Politik mit der Festlegung von Vergütungssätzen über Wohl und Wehe einer erneuerbaren Energieform. Beim Quotenmodell legt die Politik einzig und allein fest, welchen Anteil die erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch zu einem bestimmten Zeitpunkt haben sollen. Diese gesetzliche Vorgabe wird im Quotenmodell all jenen Unternehmen (Versorgern) gemacht, die Strom an Kunden verkaufen. Jeder Versorger muss beispielsweise 30 Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen.

Warum ist das Quotenmodell dem EEG überlegen?

Das Quotenmodell erreicht die politischen Ziele treffsicher, und zwar weil das Quotenmodell Mengen- statt Preisvorgaben macht. Legt man dagegen, wie im EEG, die Preise fest, ist erst ex-post ersichtlich, ob die daraus resultierenden Mengen mit den vorgegebenen Zielen übereinstimmen (tun sie in der Praxis übrigens in der Regel nicht). Beim Quotenmodell ist die Vorgabe gleichzeitig das Ziel.

Auf was man beim Quotenmodell achten muss: Dass die Vorgaben der Politik von den Versorgern auch erfüllt werden. Dies gelingt, wenn der Nicht-Einhaltung der Vorgaben empfindliche Sanktionen folgen.

Außerdem: Im Quotenmodell gibt es Wettbewerb zwischen den alternativen Energieformen. Vorgegeben ist den Versorgern in diesem Modell ja ausschließlich die gesamte Abnahmegröße der erneuerbaren Energie. Der Versorger wird also in der Regel die günstigste erneuerbare Energieform wählen. Das spart den Stromverbrauchern nicht nur Milliarden, sondern führt in Folge des Wettbewerbs auch zu schnellerem Fortschritt – weil sich Forschung lohnt.

Dass beim Quotenmodell in der Praxis die eine oder andere Technologie nicht am Markt bleiben wird, dafür aber neue Technologien hinzukommen, ist nicht nur hinzunehmen, sondern gewünscht. Es geht darum, das Klima zu retten, nicht eine bestimmte Technik. Und: Wir werden das Klima nur retten, wenn die Rettung bezahlbar ist.

Womit wir bei der Kritik sind. Dem Quotenmodell wird vorgeworfen, dass es in der Praxis nicht taugt. Das ist falsch. In manchen Ländern funktioniert es (etwa in Schweden), in anderen Ländern nicht. In England zum Beispiel, wo man sich vom Quotenmodell wieder verabschiedet hat, waren die Sanktionen viel zu schwach.

Der entscheidende Erfolgsfaktor des Quotenmodells ist der bereits oben erwähnte Sanktionsmechanismus. Verfehlungen müssen messbar und die potenzielle Strafhöhe größer als ein eventueller Gewinn sein, der aus einer Verfehlung des Quotenziels resultiert.

Was es also braucht: Bei der Einführung eines Quotenmodells muss die Politik stark gegenüber Interessengruppen sein. Das ist nicht einfach, aber einfacher, als jährlich unter dem Einfluss der milliardenschweren Erneuerbaren-Energien-Lobby die garantierten Preise für die jeweilig geförderten Energien festzulegen.

Und noch ein Kritikpunkt, den wir häufig zu hören bekommen: Uns wird vorgeworfen, dass wir uns nicht gegen die Befreiung von der Umlage für energieintensive Unternehmen aussprächen. Der Punkt ist: Die Frage nach der Befreiung von der Umlage stellt sich in unserem Alternativmodell nicht. Da es im Quotenmodell keine Umlage gibt, braucht über eine Befreiung erst gar nicht diskutiert zu werden.

Zudem: Ja, es ist uns bewusst, dass das Quotenmodell alleine das Klima nicht retten wird. Solange das Quotenmodell eine nationale Veranstaltung bleibt und der Emissions-Zertifikatehandel den CO2-Ausstoß auf unserem Kontinent wesentlich bestimmt, solange spart das Quotenmodell Kosten, bringt (ebenso wenig wie das EEG) aber nichts fürs Klima. Deshalb plädieren wir für Regelungen auf (mindestens) europäischer Ebene.

„Die planwirtschaftliche Fehlsteuerung, die in der Landwirtschaft früher zu Butterbergen und Milchseen geführt hat, ist auf den Energiesektor übertragen worden“, schreiben Justus Haucap und Jürgen Kühling in einem lesenswerten Gastbeitrag in der FAZ. Darum geht es uns: Den Markt in die erneuerbaren Energien zu bringen. Dafür steht die INSM, für Markt und fairen Wettbewerb, nicht nur beim Thema „Energiewende“.

Der Autor ist Volkswirt und bei der INSM zuständig für die digitale Kommunikation.

Lesen Sie dazu auch Peter Piksas Beitrag:  „Wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft die Energiewende attackiert“.

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