#FC Bayern

Sommermärchen ohne Fortsetzung: Die Bayern sind an Klinsmann gescheitert

von , 27.4.09

Mit rotem Kopf an der Seitenlinie, wild gestikulierend und am Ende extatisch jubelnd: So hat das Land Jürgen Klinsmann bei der Fußballweltmeisterschaft erlebt. Zwar ist seine Mannschaft vor drei Jahren im Halbfinale gescheitert. Die rasanten Auftritte auf dem Rasen, eine hoffnungsvolle Spielergeneration um „Schweini und Poldi“ gepaart mit der Weltoffenheit auf den Straßen gab der Nation jedoch ein weltmeisterliches Gefühl: Yes we can! Deutschland ist konkurrenzfähig und noch dazu modern.

Der strahlende Bundestrainer wurde zum Symbol einer zarten Aufbruchstimmung. Er kurierte die von Personalabbau und Hartz-IV gebeutelte Volksseele — zumindest für den Moment. Ob er eigentlich mehr Maskottchen als Fußballrevoluzzer war, und die Lorbeeren eher seinen Assistenztrainern zugestanden hätten, ging im allgemeinen Trubel unter. Die Geschichte war zu schön: Der Schwabe hatte sich gegen autoritäre Verbandsstrukturen durchgesetzt und sich auch von heftiger Kritik und  Nackenschlägen im Vorfeld nicht vom Kurs abbringen lassen. Klinsmann, der Macher, galt fortan als Hoffnungsträger und Visionär.

Als der Kosmopolit Klinsmann im vergangen Sommer dann in den Mikro-Kosmos Bayern München eintauchte, hofften die bayerischen Amtsträger auf die Fortsetzung des Sommermärchens. Seine Referenzen passten en Detail auf das Anforderungsprofil des angestaubten Rekordmeisters: Mit den international Besten auf Augenhöhe kommen, starre Vereinshierarchien modernisieren, Euphorie entfachen.

Seit heute Vormittag steht fest, dass das Märchen kein gutes Ende nimmt. Strahlemann Klinsi ist beim Traditionsclub Bayern München gescheitert, sind sich die Kommentatoren einig und führen mögliche Gründe an: Mangelnde Erfahrung, die falsche Taktik, ein überdimensionierter und ahnungsloser Trainerstab.

Die Strahlkraft Klinsmanns ist dahin. Jede Niederlage brachte ihn der Entlassung  näher, seine Visionen verkamen zu Floskeln. Seine Demontage auf Raten war nicht schön mit anzusehen. Leid tun muss er einem deswegen nicht, der 44-Jährige wusste, welche Regeln bei den Bayern gelten.

Dennoch stellt sich die Frage, ob Klinsmann tasächlich an den Bayern gescheitert ist und nicht vielmehr die Bayern an Jürgen Klinsmann. Die Bayern-Bosse wollten kurzfristig den großtmöglichen Erfolg und gleichzeitig einen nachhaltigen Aufschwung. Dass beides zusammen nicht zu haben ist, sollten Fußballmanager mittlerweile wissen, ihre Kollegen bei den Banken kennen das Problem schon länger.

Dem Trainer ist anzulasten, dass er sich in dieser schwierigen Gemengelage nicht treu geblieben ist. Er hat talentierte Spieler kaltschnäuzig aussortiert, Versprechen nicht gehalten und am Ende sogar seinen Offensiv-Fußball aufgegeben. Das konnte nicht gut gehen. Ihm am Misserfolg der Mannschaft die alleinige Schuld zu geben, ist allerdings genauso kurzsichtig, wie ihn zum nationalen Hoffnungsträger überhöht zu haben.

Uli Hoeneß hat die Notbremse gezogen und die Konter-Revolution eingeleitet. Beim nächsten Bayern-Spiel sitzt sein alter Freund Jupp Heynckes auf der Trainerbank. Und Jürgen Klinsmann wird bei einem kleineren Club die Chance bekommen, das zu werden, was ihm bei den Bayern vergönnt blieb: Ein gewöhnlicher Fußballtrainer mit seinen eigenen Methoden.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.