#Medienpolitik

“Sarconi” und die Medien

von , 23.2.09


Als kleiner Junge wollte Nicolas Sarkozy Chef eines Fernsehsenders werden. Diesen Traum hat der französische Präsident bis heute nicht verwirklichen können. Den Einfluss seines derzeitigen Amtes konnte der atemlose Superprésident aber mittlerweile soweit ausbauen, dass er gar nicht mehr Chef eines Fernsehsenders werden muss. Die Medien kontrolliert der Präsident mit den Absatzschuhen auch so.

Nicolas Sarkozy, der Berlusconi Frankreichs? Nein, soweit ist es noch nicht. Im Vergleich zu Italiens Regierungschef mit dem breiten Ganovengrinser besitzt Sarkozy selbst keine Medienunternehmen. Der Élysée wirkt im Hintergrund. Sarko ist viel subtiler als Silvio.

Neuester Vorstoß des dynamischen Präsidenten ist eine Art Rettungspaket für Verlage. Die Presse leidet unter sinkenden Auflagen und minimalen Werbeeinnahmen. Deshalb will der Pariser Machthaber sie aus diesem von der Finanzkrise geschaffenen Tal führen. Subventionen frei!

In Wirklichkeit ist die Staatshilfe aber nur ein weiteres Glied in der langen Kette, die der französische Staat den Verlagen und Sendern umlegt.

1. Kurz nach der Präsidentschaftswahl 2007 entfernten Klatschblätter die Speckröllchen des eitlen Präsidenten, die auf Fotos aus dem Sommerurlaub zu sehen waren. Mit Sarkozy befreundete Verleger haben zudem ein waches Auge auf ihre Bildredaktionen, damit ja nicht das falsche Foto von Carla Bruni in den Zeitschriften auftaucht. Schließlich soll nicht jedem Leser auf die Nase gebunden werden, was doch offensichtlich ist: Bruni ist viel größer als ihr Président.

2. Seit Anfang des Jahres gilt das umstrittene Gesetz zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Schrittweise soll die Fernsehwerbung in den Sendern der France Télévision abgeschafft werden: Seit 5. Januar 2009 gibt es abends keine Werbung mehr im Staatsfernsehen. Nach den Plänen von Sarkozy soll ab Ende 2011 auch tagsüber keine Werbung mehr gesendet werden. Für Aufregung sorgte das Gesetz, weil Kritiker vermuteten, dass die Privatsender vom Werbeverbot im Staatsfernsehen profitieren – von jenen Werbekunden, die bei France Télévision nicht mehr unterkommen.

Zwar begrüßen viele Franzosen das Aus der Werbung. Massive Kritik hagelte es jedoch für die im selben Gesetz vorgesehene Zusammenlegung aller öffentlichen Sender in einer gemeinsamen staatlichen Holding-Gesellschaft. Deren Chef soll durch den französischen Präsidenten ernannt werden. Die Opposition fürchtete, dass die Regierung dadurch direkt Druck auf das Fernsehen ausüben kann.

3. Der französische Staat ist an der Nachrichtenagentur Agence France-Presse beteiligt, einer der größten Agenturen weltweit. Dadurch besteht ein gewisser Druck, nicht allzu staatskritisch zu berichten. Vor kurzem zeigten sich diese Abhängigkeit überdeutlich: Der Sprecher der Regierungspartei UMP verlangte, dass AFP seine Kommuniqués vollständig in den Nachrichtenticker hebt.

4. Und jetzt weitet Sarkozy also die Staatshilfe für die Presse aus, obwohl Frankreich bereits die europaweit höchsten Pressesubventionen zahlt: Acht Prozent des Umsatzes machen sie aus.

Egal, die Verleger freut’s. Sie hatten zusätzliche Gelder vom Staat gefordert. Darum lässt sich der gewiefte Sarkozy nicht zweimal bitten: 200 Millionen Euro pro Jahr will er bis 2011 in die Presse stecken. Die bisher bezahlten Subventionen steigen damit von jährlich 300 auf 500 Millionen.

Mit dem Geld senkt der Präsident die Vertriebsgebühren und schafft Steuererleichterungen für Kioske. Zu seinem 18. Geburtstag bekommt jetzt jeder Franzose ein einjähriges Zeitungsabonnement geschenkt. Dem Staat sei Dank. Doch wer gibt kann auch schnell wieder nehmen – und was dann?

Wäre es Sarkozy wirklich um die Zukunft der französischen Presse gegangen, hätte er die zusätzlichen Subventionen von 600 Millionen Euro besser in andere Projekte investiert. Zum Beispiel in den Ausbau von Breitbandanschlüssen, wie Jeff Jarvis schreibt. Auf Buzzmachine.com schlägt er eine Reihe weitaus sinnvollerer Investitionen vor, falls noch mehr Regierungen auf die Idee kommen sollten, ihrer nationalen Medienunternehmen durch die Krise zu helfen.

Jarvis hat recht: Der Ausbau der Breitbandverbindungen würde allen zu Gute kommen. Die Zukunft der Medien liegt online. Leser brechen den Zeitungen nicht erst seit Beginn der Finanzkrise weg. Sie dauert schon viel länger an. Die sinkenden Auflagen sind kein Phänomen der Krise, sondern ein strukturelles Problem. Warum also jetzt die Subventionen für Verleger als Krisenmaßnahme ausweiten?

Doch nur um unliebsame Stimmen zu unterdrücken und die Medien weiter zu gängeln.

„Sarconi“ nennt die französische Presse ihren Präsidenten in Anspielung auf Silvio Berlusconi bereits sarkastisch – hinter vorgehaltener Hand versteht sich. Schreiben traut es sich keiner.

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