Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: ACTA, Netzsperren, Street View

von , 1.3.10

EU-Kommission gegen Netzsperren im ACTA-Vertrag
In der EU regt sich Widerstand gegen das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. Handels-Kommissar Karel De Gucht ließ durch einen Sprecher mitteilen, dass man Netzsperren nicht europaweit vorschreiben wolle. Gleichzeitig kritisierten einige Parlamentarier in einer gemeinsamen Erklärung die Geheimniskrämerei um das Abkommen: Durch die Verhandlungen hinter geschlossenen Türen werde das Parlament vor vollendete Tatsachen gestellt und der Handlungsspielraum bei der Abstimmung eingeschränkt.

Telemediengesetz-Änderungen zur Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in Arbeit
Die Bundesregierung plant eine Änderung des Telemediengesetzes zur Umsetzung der AVMD-Richtlinie (2007/65/EG), die bereits im Dezember hätte erfolgen müssen. Betroffen ist dabei hauptsächlich die Definition des Anbietersbegriffs aus § 2 Abs. 1 TMG. Anbieter ist danach „jede natürliche oder juristische Person, die die Auswahl und Gestaltung der angebotenen Inhalte wirksam kontrolliert”.

Spitzelaffäre um die Zeitschrift Bunte
Wie der Stern vergangene Woche berichtete, sollen einige Politiker im Auftrag der Zeitschrift Bunte durch eine private Agentur bespitzelt worden sein. Konkret soll es um die privaten Verhältnisse und Liebesbeziehungen der Prominenten gegangen sein. Die Bunte bestreitet zwar den Auftrag an die Agentur nicht, von den konkreten „Recherchemethoden” habe man jedoch keine Kenntnis gehabt. Die Zeitschrift will deshalb juristisch gegen den Stern vorgehen.

Google sieht keine Hindernisse mehr für Street View
Wie Google auf einer Pressekonferenz vergangene Woche mitteilte, sieht das Unternehmen in Deutschland keine juristischen Hindernisse mehr für das Projekt „Street View”. Ein neues Gutachten habe ergeben, dass die Aufnahme von öffentlichen Straßen rechtlich einwandfrei sei. Rückendeckung bekam Google letzte Woche auch von Kanzlerin Merkel: Sie wolle keine unnötigen Einschränkungen der Freiheit im Internet und Google Street View nicht im Weg stehen. Betroffene Bürger könnten jedoch von ihrem Widerspruchsrecht gegenüber Google Gebrauch machen. Das Verbraucherschutzministerium habe deshalb einen Muster-Brief veröffentlicht. [Anm. d. Red.: Heute wurde ein Gutachten veröffentlicht, das Street View als unzulässig beurteilt und noch strengere Datenschutzvorkehrungen fordert.]

Länder bringen neuen Jugendmedienschutz auf den Weg
Die Staatskanzleien der Länder haben am Donnerstag den Schlussentwurf für einen neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrag fertiggestellt. Am 25. März soll dieser den Ministerpräsidenten vorgelegt werden. Der Staatsvertrag enthält zahlreiche neue Regelungen, die in den vergangenen Wochen zum Teil auf harte Kritik gestoßen waren. Eine Formulierung, die sich auch als Haftungsgrundlage für Internet-Provider interpretieren ließ, wurde jedoch im letzten Entwurf geändert.

Zugangserschwerungsgesetz: In Kraft und schon auf der Abschussliste
Vergangenen Dienstag ist das umstrittene Zugangserschwerungsgesetz zur Sperrung kinderpornographischer Webseiten durch Internet-Provider in Kraft getreten. Angewendet wird das Gesetz jedoch nicht: Schon im Vorfeld hatte das Innenministerium gegenüber dem Bundeskriminalamt erlassen, dass keine Netzsperren errichtet werden sollen. Bereits am Donnerstag debattierte dann der Bundestag über die Zukunft des Gesetzes. Während die Opposition mehrheitlich die sofortige Aufhebung des Gesetzes fordert, bevorzugt die Bundesregierung ein neues Gesetz, das gleichzeitig die Rahmenbedingungen für die schnelle Löschung kinderpornographischer Webseiten ermöglichen soll. Es ist jedoch strittig, ob dafür überhaupt neue Regeln erforderlich sind.

Neue Informationspflichten für 0180-Nummern
Am Montag, dem 1. März tritt eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes in Kraft, die neue Informationspflichten für die Betreiber von 0180-Nummern vorschreibt. Danach reicht es künftig nicht mehr aus, darauf hinzuweisen, dass Anrufe aus dem Mobilfunknetz „abweichend” von den Festnetztarifen berechnet werden. Statt dessen muss der Mobilfunkhöchstpreis von 42 Cent pro Minute angegeben werden. Verstöße gegen die Informationspflicht können mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Kartellamt untersucht Paypal-Pflicht bei Ebay
Nachdem die Auktionsplattform Ebay immer mehr Nutzer dazu verpflichtet hat, den hauseigenen Bezahldienst Paypal zu nutzen, prüft das Kartellamt die Einleitung eines Verfahrens gegen das Unternehmen. Während Ebay mit der Paypal-Pflicht den Bezahlvorgang sicherer gestalten will, sehen sich viele Nutzer diskriminiert, weil bei Paypal zum Teil erhebliche Gebühren anfallen. Aufgrund zahlreicher Beschwerden prüft deshalb das Kartellamt nun den Fall.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Adrian Schneider.

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