von Ulrich Horn, 12.8.14
Christian Lindner gibt sich Mühe. Seit fast zweieinhalb Jahren ist er Vorsitzender der NRW-FDP. Seit einem dreiviertel Jahr führt er auch die Bundespartei. Er sitzt in Talkshows und gibt viele Interviews. Seine Reden im Landtag finden Beachtung. Trotzdem kommt die FDP nicht vom Fleck, weder in NRW noch im Bund. Lindner zündet nicht.
Der richtige Mann
Seinen letzten Erfolg erzielte er vor fast zweieinhalb Jahren bei der NRW-Neuwahl 2012. Mit ihm an der Spitze stieg die FDP damals auf 8,6 Prozent. Sie erreichte einen Zuwachs von 1,9 Prozentpunkten.
Seither geht es bergab. Nun pendelt die Partei an Rhein und Ruhr zwischen vier bis fünf Prozent. Im Bund ist sie auf drei bis vier Prozent abgesackt. Die Prognosen für die kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sind ebenso düster.
Wie es um Lindners Ansehen bestellt ist, zeigt eine Umfrage des Stern. Zwar glauben 80 Prozent der FDP-Anhänger, Lindner sei der richtige Mann, um die FDP aus der Krise zu führen. Doch nur 38 Prozent aller Befragten halten ihn für einen geeigneten Krisenmanager.
Inhaltlich verarmt
Wie groß die Not der FDP und ihres Vorsitzenden ist, belegt eine Umfrage im Ruhrgebiet. Dort können 47 Prozent der Befragten mit dem Namen des FDP-Chefs nichts anfangen. 60 Prozent wissen nicht, für welche Inhalte die FDP steht. 41 Prozent der Befragten glauben fälschlicherweise, die FDP sei nicht mehr im NRW-Landtag. Schlimmer noch: Selbst 45 Prozent der FDP-Anhänger meinen, die FDP sei aus dem Düsseldorfer Landtag gewählt worden.
Die Anhängerschaft der Partei ist bis auf einen Kernbestand abgeschmolzen. Ein großer Teil wechselte zur AfD. Die Bereitschaft der früheren FDP-Klientel, sich zur Partei zu bekennen, ist stark gesunken. Erfolgreiche Selbstständige, leitende Angestellte und rührige Mittelständler neigen nicht dazu, sich als Anhänger einer Verlierer-Partei zu offenbaren und zu ihr zu bekennen.
Seit die FDP aus dem Bundestag flog, fehlt ihr dieses Forum zur Profilierung. In aktuellen Diskussionen dringen ihre Beiträge kaum noch durch. Lindner trägt die Last der öffentlichen Darstellung weitgehend allein. Der FDP fehlt Spitzenpersonal, das in der Lage wäre, die Aufgabe mit ihm zu teilen.
Die Partei hat ihr Ende vor Augen. Sie flüchtet sich in Galgenhumor. In Brandenburg plakatiert sie: „Keine Sau braucht die FDP“. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Strack-Zimmermann meint, die Marke FDP sei unbrauchbar. Die Partei müsse sich umbenennen. Der frühere Vize-Vorsitzende Gerhard Baum hält die FDP für „inhaltlich verarmt“. Er vermisst den „sozialen Liberalismus“.
Optimistisch auftreten
Lindner läuft die Zeit davon. In seiner Not greift er nach jedem Strohhalm. Er nahm Hilfe der Unternehmensberatung Boston Consulting Group in Anspruch, um sich Aufschluss über den Zustand seiner Partei zu verschaffen. Die Berater, die große Erfahrung im Umgang mit Sanierungsfällen haben, kamen zu dem überraschenden Ergebnis, die Marke FDP sei doch noch intakt. Größeren Änderungsbedarf bei den Inhalten gebe es nicht.
Die FDP-Spitze zog daraus den Schluss, die Partei müsse ihr Erscheinungsbild ändern. Sie soll künftig optimistisch auftreten. Was passiert, wenn auch diese Absicht keinen Erfolg bringt? Dann wird die Parteispitze wohl das Beratungsunternehmen wechseln.
Crosspost von Post von Horn