#Amtsgeheimnis

Mücken und Elefanten

von , 24.2.14

Wie schnell man doch aus einer Mücke eine “Staatsaffäre” machen kann: Der Aufstieg eines Abgeordneten sollte verhindert werden. Der geschäftsführende Innenminister ließ daraufhin ein paar Informationen (ein Amtsgeheimnis) an die designierte Koalitions-Partei durchsickern. Und die bereinigte das Problem prompt – aus Angst, dass etwas an ihr hängen bleiben könnte.

 

Die Harden-Eulenburg-Affäre

Der Fall Edathy ist aber (noch) keine Staatsaffäre wie die berühmte Harden-Eulenburg-Affäre, die in den Jahren 1906 bis 1908 das Kaiserreich „erschütterte“. Es geht im Fall Edathy nicht im Entferntesten um den Versuch einer politischen Kurskorrektur mittels Indiskretion. Edathy stand nicht für eine andere Innenpolitik. Er hätte – wäre er Innenminister geworden – das meiste genauso gemacht wie (der abgehörte) de Maizière.

Die Inanspruchnahme des kleinen Dienstwegs (also die Verletzung von Verfahrensregeln) ist zwar ein Amtsvergehen, das Rücktritte rechtfertigt, ergibt aber noch keine Staatsaffäre – wie das der Fall war, als die konservativen Bismarckianer versuchten, den englandfreundlichen Kurs des kaiserlichen Beraterstabs durch gezielte Indiskretionen über sexuelle Neigungen zu stoppen.

Gäbe es in der Bundesregierung einen „Liebenberger Kreis“ aus „ungesunden Spätromantikern“, die das persönliche Regiment der Kanzlerin politisch beeinflussen wollten, hätte das Wort Staatsaffäre seine Berechtigung. Auch die Liebedienerei deutscher Geheimdienste gegenüber fremden Regierungen könnte man so nennen. Wer weiß, ob hiesige Politiker durch das abgeschöpfte Material nicht längst erpressbar sind?

 

Manche sehnen sich nach einem deutschen „House of Cards“

Kriselnde Boulevard-Medien, die nach auflage-fördernden Geschichten gieren (erst Hitzlsperger, dann Edathy), sollten auf dem Teppich bleiben und das große Wort von der Staatsaffäre wieder einmotten. (Ihre letzte „Staatsaffäre“ hieß bekanntlich Wulff!!)

Manchen schien es in den vergangenen Tagen auch nur darum zu gehen, der „Kumpanei der großen Koalition“ eine publizistische APO entgegenzusetzen oder sich – mangels geeigneten Erregungsmaterials – ein deutsches „House of Cards“ zusammenzuphantasieren.

Staatsaffären, das sagt schon das Wort, müssen vor allem groß sein! Nicht umsonst heißt die Redewendung, mit der man die Aufregung über Kleinigkeiten dämpfen will: Mach jetzt bitte keine Staatsaffäre draus!

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