#Angela Merkel

Medienschau zum Wahlkampf II: Winkelemente, Schwebebalken, Ackermann-Sause

von , 28.8.09

Die mediale Wahlkampfwoche begann am Sonntagabend um 22.15 Uhr bei Sat.1Sabine Christiansen und Stefan Aust luden in die neue Wahl-Arena mit Karl-Theodor zu Guttenberg und Oskar Lafontaine. Die Presse war nicht sonderlich beeindruckt: zu überladen sei die Sendung, hieß es bei taz, SZ und FAZ. Stefan Aust habe zudem “wie ein braves Winkelement” herumgestanden, so Joachim Huber im Tagesspiegel. Genau hingesehen hat das FAZ-Fernsehblog und stellt 12 Fragen an Sat.1.

Von größeren Wahlkampfeinlassungen der Kanzlerin wurde – von den üblichen Auftritten abgesehen – nicht berichtet. Aikido, schreibt denn auch Stefan Braun in der Süddeutschen, sei der Schlüssel, um ihren Weg zur Macht zu verstehen: “sich dem Gegner nicht entgegenzustellen, sondern ihn ins Leere laufen zu lassen und seine Energie so umzulenken, dass diese Energie den Angreifer selbst trifft.”

Frank-Walter Steinmeier hingegen wurde am Wochenende Pate eines Schwebebalkens, wie Bastian Brinkmann in der taz berichtet. Was ein zugkräftiges Thema für seinen Endspurt sein könnte, bleibt weiterhin in der Schwebe. In seinem – selbstverfassten – Blog schreibt Steinmeier über seine schönsten Ferienerlebnisse Wahlkampf-Momente: “Gleich fliege ich ins Saarland zu Heiko Maas. Die Landtagswahl dort erwarte ich mit großer Spannung.  Mich hat die Stimmung in den letzten Wochen an der Saar begeistert.”

Die Klage über den ausbleibenden Wahlkampf kann also auch diese Woche wieder angestimmt werden. Heribert Prantl aber stimmt stattdessen in der SZ ein Lob auf die Langeweile im Wahlkampf an: “Wer allzusehr über Langeweile klagt, muss sich fragen, ob er nicht in Wahrheit auf unterhaltsam-betrügerische Weise genasführt und belogen werden will.”

Zu den wenigen, die für Steinmeier ein gutes Wort einlegen, zählt Norbert Bolz, der im Interview mit der Welt erklärt: “Er ist ein intelligenter, bürgerlicher Linker, den seine exponierte Stellung als Kanzlerkandidat zwingt, sowohl seine Bürgerlichkeit als auch seine Intelligenz zu dissimulieren. Da ich ihn sehr sympathisch finde, tut es mir weh, das täglich mit anschauen zu müssen.”

Mit der Ackermann-Sause fand die Wahlkampf-Woche dann ihr großes Thema, das auch die Medienvertreter betraf: “Ich war auf Ackermanns Party“, so die Confessiones des Frank Schirrmacher in der FAZ. In diesem “kleinen Meisterwerk des Spätfeuilletons” (Altpapier) schreibt Schirrmacher: “Niemand schien betrunken. Es wurde nicht getanzt. Petra Roth erwähnte Goethe.” So sorgt sich Jörn Schulz dann auch im heuteblog, die Elite verstünde nicht mehr zu feiern – und sei daher auch nicht bereit, den Unteren Amüsement zuzugestehen. Wer Ackermann das Schnitzel missgönne, schikaniere im selben Geist Hartz-IV-Empfänger mit “gehässiger und bürokratischer Pedanterie”. Auch Don Alphonso hat an der Petitesse nichts auszusetzen: “Nachdem Ludwig XIV 51 Diener und 24 Musiker beim Essen beschäftigte, nimmt sich der Merkel’sche Aufwand nachgerade uckermärkisch sparsam aus!”

Warum die Ackermann-Story bei BILD erst nicht und dann ein bisschen kam, dröselt Thorsten Denkler in der SZ auf, noch ausführlicher Stefan Niggemeier im Bildblog (1, 2, 3). Bildblog erinnert auch daran, dass der “Skandal” schon im Frühjahr zum Gegenstand einer Anfrage im Bundestag (PDF) wurde, für die sich niemand interessierte.

Außerdem in dieser Woche: Jörg Lau schildert die fortgesetzten Sorgen eines Wechselwählers und erwägt die Grünen, stutzt aber über deren YouTube-Channel: “Claudia Roths Video vom Ausbildungsboot für Fischwirte hat nach 5 Tagen 85 Aufrufe.” Die Nichtwähler hingegen verteidigt Thomas Brussig im Tagesspiegel: “Nicht zu wählen kann heißen: Keine der zur Wahl stehenden Optionen ängstigt mich, an keine binde ich mein Lebensglück.” Und Andrea Diener meditiert bei Ding und Dinglichkeit über Wahlplakate: “Wenn gar nichts mehr geht, lautet eine beliebte Werbe- und Medienregel, Kinder und Hunde gehen immer.”

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