#Banken

LIBOR-Strafen der EU: Nicht zu hoch

von , 6.12.13

Das sind ja große Hausnummern, die die EU-Kommission am Mittwoch als Strafen Bußgelder veröffentlicht hat (DLF-Audio).

In Eurokratensprache heißt es:
 

“Die Europäische Kommission hat gegen 8 internationale Finanzinstitute Geldbußen in Höhe von insgesamt 1 712 468 000 EUR für die Teilnahme an illegalen Kartellen auf den Märkten für Finanzderivate im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verhängt. Vier dieser Institute beteiligten sich an einem Kartell in Bezug auf Zinsderivate in Euro. Sechs von ihnen nahmen an einer oder mehreren bilateralen Absprachen in Bezug auf Zinsderivate in japanischen Yen teil.

Ein derart abgestimmtes Verhalten zwischen Wettbewerbern ist nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens untersagt. Beide Beschlüsse wurden im Rahmen des Vergleichsverfahrens in Kartellsachen angenommen, und die Geldbußen der Unternehmen wurden aufgrund der Kooperationsbereitschaft um 10 % gemindert.” (Siehe auch MEMO/13/1090)

 
Bestraft wird also nicht die Manipulation des Referenzzinsatzes LIBOR, sondern

1. ein Kartell in Euro-Zinsderivaten (EIRD)

 

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2. die Kartelle in Yen-Zinsderivaten (YIRD)

 

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Es wird die höchste jemals gezahlte Kartellstrafe. Die Banken sollen mit den Ermittlern kooperiert haben und bekamen dafür 10% Rabatt. Medien berichten, dass die Banken HSBC und Crédit Agricole nicht kooperieren wollten und daher mit weiteren Verfahren rechnen müssen. Die anderen haben offensichtlich die Strafen akzeptiert und damit eingeräumt, dass die Vorwürfe zutreffen.

Niemand nimmt den Banken übrigens die Legende von den Einzeltätern ab. Das sind Textbausteine aus dem Storytelling-Handbuch.

In Banken wird nicht erst seit der Finanzkrise stark kontrolliert. Wenn einzelne Händler oder Gruppen von Händlern an ihren Tischen überdurchschnittliche Gewinne erzielen, dann sorgt das auch intern für Neid und Misstrauen. Es ist daher äußerst unwahrscheinlich, dass hier alle bis hin zum Vorstand nichts gesehen haben wollen. Wahrscheinlicher scheint es, jemanden gewähren zu lassen, bis es auffällt, und dann im Zweifel den “Einzeltäter” zu opfern.  Verwunderlich ist eher, dass es sich bei den Manipulationen bzw. Kartellvergehen nicht um Straftaten handelt, die verfolgt und bestraft werden.

Wird es wegen der hohen Strafen solche Verbrechen an den Geschäfts- und Firmenkunden deswegen künftig nicht mehr geben? Ganz klare Antwort: Nein. Gerade die Finanzgeschichte kennt viele Beispiele opportunistischen Verhaltens. In 90 bis 95 Prozent aller Fälle verlaufen die Aktivitäten diesseits der Legalität, aber der Anreiz für das Überschreiten der roten Linie war bei Finanzgeschäften schon immer vorhanden. Warum sollte das ausgerechnet ab jetzt anders sein?

Banken haben mit den nun verhängten Strafen, aber auch mit den nicht mehr zählbaren weiteren Verfahren das Vertrauen in unsere Wirtschaftsordnung schwer erschüttert (siehe dazu auch den Kommentar in der SZ von Marc Beise).

Sie haben von der Politik Fairness und Deregulierung gefordert und bekommen. Ihre Kunden und die Steuerzahler haben sie aber zu Muppets gemacht. Und es ist nicht erkennbar, dass sich das in Zukunft ändert.

Die Erklärungen der Banken zu den Bußgeldern (z.B. der Deutschen Bank) wirken viel zu dünn, als dass man daraus glaubhaften Änderungswillen ableiten könnte. Vor zwei Jahren schrieb Gabor Steingart: “Der Banker ist vom Dienstleister zum Bedroher geworden.” Das unterstrich auch, dass in kaum einem Wirtschaftszweig Eigen- und Fremdbild so weit auseinander liegen, wie im Finanzsektor.

Banken finden es empörend, wenn sich jemand wie der Finanzminister empört. Sie reden von Einzelfällen in der Vergangenheit, und dass sie sich bereits ändern. Sie finden es “unverantwortlich und populistisch, wenn man die Fortschritte im Bankenbereich nicht sehe”.*

Nur, bei allem Respekt, wie soll jemand etwas sehen, wenn nichts gezeigt wird? Banken liefern weder Nachweise noch Aussagen, wie sie sich ändern. Lieber schweigen sie und hoffen auf das Vergessen der Öffentlichkeit.

Das Schlusswort erhält Claudia Aebersold Szalay von der NZZ:
 

“Die Bankverantwortlichen lernen derzeit auf die harte Tour, welch operationelles Risiko allzu sorgloses Gebaren in ihren Institutionen birgt. Dass die diversen, aus dem Schrecken der Stunde geborenen Initiativen zum kulturellen Wandel in ihren Reihen jedoch ähnliche Untersuchungen in Zukunft überflüssig machen und entsprechende Bussen verhindern werden, darf nach einem kurzen Blick allein auf die vergangenen zwei, drei Finanzkrisen bezweifelt werden.”

 

Update

* Das Zitat des Co-Chefs der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, soll laut Handelsblatt übrigens die Politik sehr erzürnt haben. Ich halte es ebenfalls für extrem ungeschickt, zumal die Deutsche Bank selbst kaum kommuniziert, was sie unter dem von ihr mit viel Getöse behaupteten Kulturwandel versteht und wie sie ihn umsetzt.
 
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