#Deutsche Telekom

Schon gemerkt? Internet macht glücklich

von , 23.3.09


Seien wir ehrlich: Studien sind zu einer klebrigen Technik interessenvermittelter öffentlicher Thematisierung geworden. Studien verbinden die Aura einer (halb)wissenschaftlichen Betrachtung mit dem Versprechen gesellschaftlicher Selbstvergewisserung und dem zumeist berechtigten Tendenzverdacht in Richtung Auftraggeber. Aber: Studien muss man genau deshalb lesen. Und manchmal sind sie sogar erhellend und lustig.

Die Studie “Life – Digitales Leben” zum Beispiel, die bereits Ende Februar erschienen ist (mehr hier). Sie wurde vom Münchner Wirtschaftsinformatik-Professor Thomas Hess im Auftrag der Deutschen Telekom erstellt. Sie basiert auf der repräsentativen Befragung von rund 5000 Internetnutzern in Deutschland. In der Einleitung heißt es: “Die Welt ist voller Hypothesen, wenn es um die Digitalisierung und Vernetzung des Lebens geht.” Ziel der Studie sei es, einige dieser Hypothesen zu prüfen. Das tut sie auch. Zugleich stellt sie eine hübsche neue Hypothese auf, um die es hier gehen soll.

Zunächst einmal unterteilt Hess die Internetnutzer in drei Gruppen: Die Digitale Avantgarde, den Digitalen Mainstream und die Digitalen Nachzügler (vgl. Abbildung 1): Die “Digitale Avantgarde” lebt hoch vernetzt, hat das Internet fest in ihren privaten und beruflichen Alltag integriert und möchte auf ihren “digitalen Lebensstil” nicht mehr verzichten. In Deutschland würden 19 Prozent der Onliner zu dieser Gruppe gehören. Die Digitalen Avantgardisten haben ein Durchschnittsalter von 34 Jahren, sind zu 58 Prozent männlich, gut gebildet und häufig auch noch in Ausbildung oder Studium.

Demgegenüber lebe der “Digitale Mainstream” nur “selektiv vernetzt”. Hier gehört die Nutzung von digitalen Medien zwar schon zum Alltag, man ist aber noch kein Experte. Bei den “Digitalen Nachzüglern” schließlich ist das Netz “noch nicht gänzlich alltäglich”. Die digitalen Nachzügler bilden mit einem Durchschnittsalter von 53 Jahren das älteste Segment. Sie sind überdurchschnittlich häufig verheiratet, leben häufig in Zwei-Personen-Haushalten; auch Rentner sind hier überrepräsentiert.

bild-71

Abbildung 1: Die Segmente der "Internetbevölkerung" (Quelle: Life - Digitales Leben, S. 12)

Die Segmentierung in die drei Gruppen ist zunächst einmal dazu geeignet, sich vor Augen zu führen, dass immerhin (aber auch eben auch nur) ein Fünftel der Internetnutzer hierzulande als echte Online-Euphoriker zu gelten haben.

Die eigentliche Pointe der Segmentierung  findet sich im Fazit der Studie und ist, soweit ich das übersehen kann, bisher noch gar nicht aufgegriffen worden: Die Digitale Avantgarde ist nämlich laut Untersuchung deutlich zufriedener mit ihrem Leben. Der Aussage „Alles in allem gesehen, bin ich mit meinem Leben sehr zufrieden“ stimmen 81 Prozent der Digitalen Avantgarde zu oder voll und ganz zu, während dies in den anderen Gruppen statistisch signifikant weniger der Fall ist (siehe Abbildung 2).

bild-9

Abbildung 2: Macht Vernetzung glücklich? (Quelle: Life - Digitales Leben, S. 50)

Selbstverständlich lässt sich aus dieser linearen Beziehung zwischen Vernetzung und Lebenszufriedenheit kein Kausalzusammenhang folgern. Doch Studienautor Thomas Hess gibt sich mild euphorisch: “Obwohl die Lebenszufriedenheit von mehreren Faktoren abhängig ist, und obwohl auf Grund der Erhebungen keine Aussagen über das Ursache-Wirkungs-Verhältnis gemacht werden können, lassen die deutlichen und statistisch signifikanten Unterschiede in der Lebenszufriedenheit der Konsumentengruppen die These zu, dass die wahrgenommene Lebensqualität mit der Teilhabe an Digitalisierung und Vernetzung zusammenhängt.”

Die noch nicht ganz bewiesene These lautet also: Internet macht glücklich, oder zumindest zufrieden.

Wahrscheinlich haben in diesem Spiel andere Einflussfaktoren, wie Lebensalter, Einkommen oder Bildung einen starken Einfluss. Der Zusammenhang könnte auch genau anders herum ausgeprägt sein: Wer zufrieden, jung und gut gebildet ist, wird sich auch eher dem Internet zuwenden.

Dennoch: Der Zusammenhang fasziniert. Weil ich selbst finde, dass – bei aller Überwältigung angesichts der Fülle und Komplexität – das Internet meine Lebensqualität erheblich steigert. Und weil ich auch an Leute wie Don Dahlmann denken muss, der so gerne erklärt, wie glücklich er mit dem Internet ist.

Vor allem aber scheinen die Zahlen auch nahezulegen: Es ist vor allem der Nutzer, der ins Internet drängt und sich damit schrittweise von seiner alten Medienwelt der interaktionsfreien Massenproduktion verabschiedet. Viele Medienunternehmen haben weit weniger Spaß mit dem Netz. Die Durchsetzung des Internets ist leidenschafts- und nutzergetrieben – eine zugegebenermaßen recht freihändige, aber nicht abwegige Interpretation der Ergebnisse.


Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.