#Facebook

Inspektor Facebook

von , 29.5.09


Warum haben die Folterer in Abu-Ghuraib sich selbst und ihre Opfer fotografiert? Warum stellt ein 28-jähriger Engländer ein von einem Kumpel aufgenommenes Video auf YouTube, auf dem zu sehen ist, wie er – das Nummernschild gut zu erkennen – mit seinem Motorrad mit 200 Sachen durch ein Wohngebiet rast? Ist es das, was man im 21. Jahrhundert dummdreist nennt?

Seit sich auch Sicherheitsbehörden in den Sozialen Netzen etablieren und die digital erweiterten Handlungsmöglichkeiten im Globalen Dorf nutzen, bekommen von Eitelkeit benebelte Gangster allerdings zunehmend zu spüren, dass die ungehemmte Netzdarbietung fatale Folgen haben kann. Wer anderen online von seinen geglückten Beutezügen oder Streichen berichten möchte, kann jetzt schnell Opfer seines Geltungsbedürfnisses werden. Digitale Areale wie Facebook können eine Fundgrube für junge Talente sein – wenn man aber in seiner Heimatstadt weiträumig ein wiedererkennbares Graffito anbringt, sollte man es vielleicht nicht auch noch zusätzlich auf seiner Facebook-Seite plakatieren, wie sich das ein 18-jähriger im kanadischen Winnipeg nicht verkneifen konnte. Nachdem die Polizei einen Hinweis auf sein Facebook-Profil erhalten hatte, ging es ab auf’s Revier.

Auch im neuseeländischen Queenstown ging der Polizei erstmals ein Ganove via Facebook ins Netz. Auf der Aufnahme einer Überwachungskamera war ein Einbrecher prima zu erkennen, nachdem er sich die Maske vom Gesicht gezogen hatte. Die Beamten stellten das Bild auf ihre gerade erst eingerichtete Facebook-Seite. Dank der daraufhin eingehenden Hinweise konnte der 21-jährige Dieb schnell identifiziert und dingfest gemacht werden.

Genauso riskant kann es aber auch sein, technische Fallstricke in Gestalt scheinbar harmlos herumstehender Computer oder kilometerweit von ihren Eigentümern entfernter Laptops zu unterschätzen. Eine Frau aus White Plains im US-Bundesstaat New York war bei einem Einbruch unter anderem ihr MacBook gestohlen worden. Sie benutzte ein kleines, nützliches Feature namens “Back To My Mac”, um das eingebaute Kameraauge des Laptops einzuschalten und sich ein Bild von den ahnungslosen Übeltätern zu machen. Die Polizei nahm die Diebe fest und konnte die ganze Beute, darunter Laptops, Flachbildschirm-Fernseher, iPods, Spielkonsolen, DVDs und Computerspiele, sicherstellen. Die Idee der digitalen Spurenverfolgung hatte Gestalt angenommen, nachdem ein Kollege der Frau bemerkt hatte, dass ihr Rechner online war und ihr Bescheid gesagt hatte.

Und dann wäre da noch die Geschichte der Leute, die unrechtmäßig zu viel Geld gekommen sind, aber nicht, weil sie eine Bank ausgeraubt haben, sondern weil die Bank ihnen das Geld gegeben hat. Ein Geldinstitut in Neuseeland überwies dem Tankstellenbesitzer Leo Gao vor kurzem irrtümlich 1,7 Millionen Euro. Seither ist er samt Freundin Kara und Familie verschwunden. Ermittler vermuten die Flüchtigen in Hongkong – Karas Schwester berichtet auf ihrer Facebook-Seite fröhlich über ihre Abenteuer zwischen Neuseeland, Hongkong und Macao.

Peter Glaser bloggt auf Glaserei, wo auch dieser Beitrag erschienen ist.

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