#CUNY

Herman the German reist nach Amerika

von , 2.2.14

Das war sie also, die erste Woche meines CUNY-Programms zum Thema Entrepreneurial Journalism in New York. Deutsche Freunde und Leser wissen, wie sehr ich an dem Programm teilnehmen und in diese Stadt ziehen wollte.

Was bisher geschah, hat nicht nur meine Erwartungen übertroffen, sondern auch einige überraschende Emotionen hervorgerufen.

Da fällt mir als Erstes auf, dass der Satzanfang „In Deutschland …” wohl eine Art Tick von mir zu sein scheint – aber vielleicht auch ein Zeichen für etwas Tiefgehenderes ist. Ein Programm mit 15 neuen Kommilitonen, die Hälfte bunt-internationaler Abstammung, konfrontiert mich offensichtlich mit mir und der eigenen Herkunft. Abgesehen davon, dass ich für so wunderbare Wörter wie „Kirschsteinweitspuckmeisterschaften“ ordentlich gehänselt werde, beschäftigen mich auch die kulturellen Unterschiede, vor allem in der Medienbranche.

Drei davon fallen mir schon in den ersten Tagen ins Auge.

 

Seid positiv!

Als ich an einer deutschen Universität in mein Journalismus-Studium startete, kam der Dozent in der ersten Stunde des Einführungskurses herein und sprach unfassbar lange über die Probleme der Branche und wie schwer es werde, jemals ein Auskommen in den Medien zu erarbeiten. Ich konnte das damals nicht glauben und fand es sicher keine gelungene Werbung für den Beruf.

In der gesamten ersten Woche des Tow-Knight-Programms habe ich nicht ein Mal jemanden die Wörter Angst oder ängstlich sagen hören. Vielleicht ist dafür die Zeit noch nicht gekommen – aber es war eine gute Sache, ohne allzu viele Grübeleien in das Abenteuer Gründung zu starten. Es erscheint mir schlicht grundsätzlich ein deutlich besserer Weg, um sich neuen Dingen zu nähern.

 

Seid bescheiden!

Die Biographien meiner Mitstudenten sind erstaunlich, sie beinhalten erfolgreiche Projekte, Stationen in vielen Ländern und bei einigen der besten Medienhäuser der Welt. Zusätzlich hat mich aber noch beeindruckt, dass in der allgemeinen Vorstellungsrunde nichts davon als Prahlerei rüberkam.

Auch hier musste ich mir im Vergleich mit Deutschland eingestehen, dass bei uns viele Kollegen auch schon nach kleinen Erfolgen dazu neigen, sehr öffentlich sehr stolz zu sein. Und: Während der Vorstellung schien niemand Angst zu haben, auch Misserfolge einzugestehen. Auch das wirkt auf mich wie ein Zeichen der Bescheidenheit – vielleicht sind aber die anderen auch nur Meister der effektiven Selbstdarstellung.

 

Seid ihr selbst!

Nicht alle Geschichten in der Vorstellungsrunde waren Erfolgsgeschichten. Unter den Teilnehmern gibt es solche mit gescheiterten Start-ups und vielen vermeintlich wichtigen Karriereschritten, die sich im Nachhinein als Fehler erwiesen. Doch wenn ich mir die Notizen über die Werdegänge der anderen anschaue, dann erstaunt es mich, wie oft ich schrieb: „hat ein sehr gutes Gespür für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse“ (wobei das „sich“ hier meist weiblich ist, das Verhältnis ist 6:9).

Viele sind nicht in ihrem mutmaßlich sicheren Job bei einer Zeitung geblieben, sondern haben begonnen, auf ihre inneren Stimmen zu hören, um bessere Entscheidungen für die eigene Zukunft zu treffen. Schon jetzt sieht es so aus, als ob das Gefühl, „versuche, die Regeln zu finden, mit denen du persönlich dich am wohlsten fühlst“ im späteren Verlauf des Programms noch ziemlich wichtig werden wird. Es wird schließlich auch dann sicher nicht nur den einen richtigen Weg geben.

 
Dieses Posting ist Teil des Tow-Knight-Studienprogramms in Entrepreneurial Journalism, an dem ich mit 14 anderen Studenten im ersten Halbjahr 2014 in New York teilnehme. Jeder Fellow startet während des Programms sein eigenes Start-up im Journalismus. Einmal wöchentlich sollen die Teilnehmer über ihre Erfahrungen bloggen.
 

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