von Robin Meyer-Lucht, 18.8.10
Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) geht gerichtlich gegen die vollständige Veröffentlichung eines Gutachtens zur Loveparade durch das Blog xtranews vor. Das Gutachten hatte die Stadt Duisburg selbst bei der Kanzlei “Heuking Kühn Lüer Wojtek” in Auftrag gegeben, um die “Zuständigkeiten” und “Auftragserfüllung” der Stadt zu untersuchen. Die Stadt selbst veröffentlichte schließlich die Zusammenfassung, die Anhänge aus Originaldokumenten von über 300 Seiten hingegen nicht.
Die Presse zitierte teilweise aus den Anhängen. So schrieb der Spiegel (via):
Mit guten Gründen hielten sie die Anlagen zu ihrem Bericht zunächst unter Verschluss. Aus diesen 338 Seiten ergibt sich ein ganz anderes Bild. Es zeigte eine Stadt, die offenbar ohne Rücksicht auf Verluste in letzter Minute fragwürdigste Sicherheitskonzepte abstempelte. Einen Oberbürgermeister, der wohl besser über das Planungschaos des Events informiert war, als er öffentlich zugibt.
Auch dem Portal DerWesten.de lagen die Dokumente vor – veröffentlichte die Anhänge aber nicht. Als sich die Fragen zu diesen Anhängen mehrten, entschied sich xtranews, diese zu veröffentlichen.
Daraufhin erhielt xtranews nach eigenen Angaben am Dienstag eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln gegen die Veröffentlichung. Antragsteller ist die Stadt Duisburg vertreten durch ihren Oberbürgermeister Sauerland. Begründet wird der Unterlassungsanspruch mit Hinweis auf § 97 UrhG.
Der Oberbürgermeister hat hier also die vollständige Veröffentlichung eines Gutachtens gerichtlich unterbinden lassen: Ein Gutachten, das er selbst zum Zweck der Aufklärung in Auftrag gegeben hat und das mit städtischen Mitteln bezahlt wurde.
Kann man eigentlich noch unverfrorener gegen Presse- und Meinungsfreiheit und eine transparente öffentliche Verwaltung vorgehen?
Mir ist schleierhaft, wie ein Gericht hier Urheberinteressen höher bewerten konnte als das öffentliche Interesse nach Aufklärung. Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, wird das Urheberrecht an der Stelle präzisiert werden müssen.
Die einstweilige Verfügung selbstredend ein weiteres PR-Desaster für den unheimlichen Herrn Sauerland. Die Dokumente gibt es – wenig überraschend – inzwischen andernorts im Internet. Ein Teil davon zum Beispiel hier. Dabei ist auch zu erkennen, dass die Dokumente teilweise gar nicht von der Stadt selbst stammen – die Veröffentlichung folglich auch ihre Urheberrechte nicht verletzt haben kann.
Die Stadt Duisburg hatte auf Anfrage von Marvin Oppong/Carta die Weitergabe von Unterlagen zur Loveparade nach dem Informationsfreiheitsgesetz verweigert.
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