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Digital Economy Bill: Großbritannien testet neues Urheberrechts-Kontrollregime

von , 8.4.10

Erstaunlich ruhig ist es hierzulande um das “Digital Economy”-Gesetz, das das britische Unterhaus gestern Abend verabschiedet hat. Die Labour-Regierung hat damit kurz vor den Neuwahlen noch ein Gesetz durchgebracht, dass die Medienindustrie besser vor Urheberrechtsverletzungen schützen soll. Angesichts der globalen Bedeutung der britischen Musik- und Medienindustrie sieht sich Großbritannien ganz besonders verpflichtet, dieser Branche zu helfen.

Das Gesetz enhält kein Thres-Strikes-Modell im klassischen Sinn – sehr wohl aber ein abgestuftes Mahnwesen gegen illegales Downloaden. Die Provider müssen ihren Nutzern auf Hinweise von Urheberrechtsinhabern hin Mahnbriefe schicken. Fruchten die Mahnbriefe nicht, wird die Regulierungsbehörde Ofcom technische Sanktionen vorschlagen, die von einer Reduzierung der Zugangsgeschwindigkeit bis zur Unterbrechung des Internetzugangs reichen können.

Mit der “Digital Economy Bill” wird Großbritannien zu einem maßgeblichen Testfeld für ein forciertes Online-Urheberrechtsregime. Auch hierzulande wird dieser riskante Laborversuch im Länderformat sehr genau beobachtet werden: Wie reagieren die Nutzer? Wie umfangreich sind die “unintended consequences“? Wie bewegen sich die Umsätze der Medienindustrien?

Bemerkenswert an dem Gesetz ist, dass die Sanktionsmaßnahmen erst im Laufe der Zeit und unter Aufsicht eines Regulierers entwickelt werden. Der gesamte Ansatz ist also als “trial-and-error”-Prozess angelegt. Großbritannien macht sich zum Versuchslabor für providergestützte Skanktionierung von Urheberrechtsverstößen im Netz.

Wie dieser Versuch ausgehen wird, scheint völlig offen. Und wer für einen fairen Ausgleich zwischen Nutzer- und Urheberrechtsinteressen ist, kann letztlich nur begrüßen, wenn Dinge ausprobiert werden.

Denn: Gegen eine forcierte Urheberrechtsdurchsetzung kann man aus Fairness gegenüber den Urhebern eigentlich nur sein, wenn sich zeigen lässt, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig ist. Dies wird das UK-Versuchslabor möglicherweise recht rasch zeigen. Vielleicht wird es aber auch ein gangbares Modell und einen neuen Kompromiss hervorbringen, was letztlich begrüßenswert wäre.

Wer allerdings per se gegen mehr Urheberrechtsdurchsetzung im Netz ist, den könnten die Schritte Großbritanniens beunruhigen. Das Land ist schließlich ein paradigmatisches Vorbild für die Medienregulierung hierzulande.

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