#Dresden

Die Sumpfgebiete der Justiz

von , 12.12.12

Das Amtsgericht Dresden hatte zwei Journalisten wegen eines Beitrags für ZEIT-ONLINE zum sog. Sachsensumpf wegen übler Nachrede zum Nachteil von zwei Polizisten verurteilt. Diese Verurteilung hat das Landgericht Dresden gestern aufgehoben und die beiden Journalisten freigesprochen. Gegen das Urteil des Landgerichts steht der Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der Revision zur Verfügung.

Das Bedenkliche an dem Verfahren bleibt allerdings die rechtsstaatsferne Haltung der Dresdener Staatsanwaltschaft und der Umstand, dass sich ein Strafrichter zu einer Verurteilung hinreißen lässt. Denn wenn sich ein Journalist derart schnell strafbar machen kann, dann muss er künftig eigentlich von jeglicher Verdachtsberichterstattung die Finger lassen. Der Dresdener Fall ist aber auch deshalb besonders heikel, weil der “Sachsensumpf” gerade auch Justizkreise betrifft, weshalb man schon die Frage stellen kann, ob es der Staatsanwaltschaft nicht auch darum gegangen sein könnte, unbequeme Journalisten mundtot zu machen.

Es gibt auch noch andere bedenkliche Fälle von Verurteilungen wegen Äußerungsdelikten, die die Justiz unmittelbar betreffen. Vom Amtsgericht Würzburg wurde kürzlich ein Strafverteidiger wegen übler Nachrede verurteilt, weil er einem Richter vorgeworfen hatte, einen Durchsuchungsbeschluss nicht einmal ansatzweise einer eigenständigen Prüfung unterzogen zu haben. Dieser Vorwurf war auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es in Würzburg gängige Praxis ist, dass die Staatsanwaltschaft einen vollständig vorformulierten ermittlungsrichterlichen Beschluss – bereits mit dem Briefkopf des Gerichts – einreicht, der in aller Regel vom Ermittlungsrichter unverändert unterzeichnet wird. Es ist trotz dieser Sachlage nach Ansicht des Amtsgerichts Würzburg dennoch “völlig abwegig” anzunehmen, ein Richter würde nur blind unterschreiben. Und wer dies trotzdem in Erwägung zieht, begeht eine üble Nachrede. Der Strafantrag wurde in diesem Verfahren übrigens nicht von dem betroffenen Richter gestellt, sondern von der Landgerichtspräsidentin als Dienstvorgesetzte des Richters.

Die beiden geschilderten Verfahren betreffen keine Petitessen. Denn es geht um die Beeinträchtigung der Pressefreiheit und der Freiheit der Advokatur.

Die Justiz ist insgesamt etwas öffentlichkeitsscheu und scheint Berichterstattung und öffentliche Kritik zu fürchten. Gerade Verfahren wie die oben genannten, oder auch der Fall Mollath, brauchen aber die Öffentlichkeit, um überhaupt wieder in geordnete Bahnen zu kommen. Die Justiz ist unabhängig. Aber genau das verleitet einige ihrer Angehörigen offenbar zu der Annahme, niemandem gegenüber verantwortlich zu sein. Gerichtsverhandlungen sind gerade deshalb öffentlich, weil Geheimverhandlungen hinter verschlossenen Türen nicht rechtsstaatlich sind und sich auch die Gerichte der Öffentlichkeit stellen müssen. Wer kritische Berichterstattung als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz betrachtet, sollte seinen eigenen Standpunkt hinterfragen. Die Öffentlichkeit muss insgesamt besser über die Mechanismen und Abläufe des Justizbetriebs informiert werden, weil erst dadurch der ein oder andere Missstand abgestellt werden kann.

Crosspost von internet-law

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