von Nina Galla, 12.9.13
„Ja, das ist cool“, finden die Jusos, die gleich mit „Klartext“ argumentieren. Immerhin: gutes Krisenmanagement.
Weniger lässig muss es die Opposition finden, die wenige Tage vor der Bundestagswahl einen erneuten Anlass gefunden hat, den SPD-Mann ins Aus zu schieben und ihm dafür sogar dankbar sein kann.
Ich finde es auch uncool. Aus gleich drei Gründen:
- Die Geste ist inszeniert, um Aufmerksamkeit zu generieren. Sie passt nicht wirklich zum hanseatisch-zurückhaltenden Steinbrück und wirkt daher nicht glaubwürdig. Wenn überhaupt, unterstreicht sie sein Image eines rotzigen, arroganten und vor allem unbeherrschten Menschen, das ihm bisher nicht viel Zuspruch eingebracht hat.
- Deswegen ist das Timing auch so unglücklich. In der Wahlarena der ARD vermochte Steinbrück sich als echte Alternative zu Angela Merkel zu präsentieren: Mit Wissen, Argumenten, aufgeschlossenem Dialog und Antworten auf Fragen, bei denen Merkel sich in Phrasen flüchtete. Der positive Eindruck, der bei einigen nur hauchdünn und noch gar nicht gefestigt ist, kann schnell wieder verpuffen.
- Die Geste ist missverständlich – und das ist immer, immer, immer ganz gefährlich bei Humor, Sarkasmus und Ironie in der Politik: nicht wenige, wahrscheinlich eher bürgerliche Wähler dürften sich beleidigt fühlen und den Mittelfinger als Ausdruck von „Ihr seid mir scheißegal“ interpretieren.
Politiker müssen nicht immer angepasst sein, sie sollten es sogar auf keinen Fall sein.
Sie sollten jedoch ein Gespür für Kommunikation und für ihre Wähler haben. Gestern hat Steinbrück es bewiesen, heute nicht. In Zeiten der Unsicherheit wird ein unbeherrschter Kanzler als Risiko empfunden.
Crosspost von Zentralprojektion
- Christian Stahl antwortet: Der Stinkefinger · Plötzlich bin ich Steinbrück-Fan