#Bankbilanzen

Bankenunion: Es muss Struktur in den Streit um die Zombiebanken

von , 25.6.13

Bankenunion, dass ist dieses bisher inhaltlich wenig ausgefüllte Schlagwort der Europäischen Union, um angeschlagene Banken am Leben zu erhalten. Eigentlich soll es darum gehen, wie kaputte Banken künftig abgewickelt werden können. Ziel dabei ist es, kein Steuergeld einzusetzen. Das klingt erst einmal gut

Es ist mittlerweile aber schwer geworden, durch die Wirren der Verhandlung durchzusteigen. Am Donnerstag ging es zunächst darum, unter welchen Bedingungen der eigentlich für die Staatsfinanzierung vorgesehene Rettungsfonds ESM an Banken zahlen darf. Am Freitag wurde dann über die Regeln der sogenannten Haftungshierarchie und über nationale Kompetenzen gerangelt.

Man stritt um die Lastenverteilung zwischen Gläubigern, Einlegern und öffentlichen Institutionen. Nach einem Bericht des Wall Street Journals konnten sich die Minister nicht einigen, wieviel Spielraum die nationalen Regierungen bei der Anpassung der allgemein geltenden Regeln an die spezielle Situation einzelner Staaten bekommen sollen.

Detlef Fechtner hat am vergangenen Donnerstag in der Börsen-Zeitung in  “Wenn Banken wieder wanken” analysiert, worum es eigentlich beim Management der Bankenrettung geht. Neben der speziellen Aufsicht sind das drei eng miteinander verwobene Themen, die mit der Abwicklung maroder Banken zu tun haben:
 

  1. Haftungskaskade
    Welche Gläubiger sollen in welcher Reihenfolge für Verluste aufkommen? So sollen bekanntlich Kleinsparer mit Einlagen bis zu 100.000 Euro ausgenommen werden. Klar ist auch, dass Aktionäre und Nachranggläubiger das volle  Risiko tragen sollen, was ich richtig finde. Gestritten wird, wie Anleihegläubiger und Anleger mit größeren Guthaben behandelt werden. Leider schreibt Fechtner nichts über die besicherten Gläubiger, denn die sind eigentlich direkt nach den Kleinsparern dran, sofern ihre Sicherheiten noch einen entsprechenden Wert haben.
  2.  

  3. „Bail-in”-fähige Vermögenswerte
    Welche unbesicherten Instrumente sollen in Eigenkapital umgewandelt bzw. gekürzt werden (=Schuldenschnitt)?  Hier diskutiert man z.B., welche unbesicherten Einlagen geschont werden sollen, etwa aus sozialpolitischen Gründen, man sollte nämlich bedenken, dass es bei “Bail-ins” auch um die Guthaben von Spendenorganisationen, Krankenhäusern und Kleinunternehmen geht. Deutschland, so Fechtner, möchte hier möglichst wenig Ausnahmen.
  4.  

  5. Ausstattung eines Restrukturie­rungsfonds
    Hier geht es um den Beitrag der gesunden Banken zu den Abwicklungskosten der Zombieinstitute. Deutschland wünscht sich, dass erst einmal die nationalen Fonds für die Abwicklung einstehen.

 
Deutschland hat ja bereits einen entsprechenden Fonds eingerichtet (siehe Gesetz zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds). Die Mittel für diesen Fonds stammen aus der Bankenabgabe, die von allen Banken in Deutschland erhoben wird. Da die Mittel bisher längst nicht reichen, springt die FMSA ein, die dazu Kredite aufnehmen und eine Sonderumlage erheben darf. Dazu oder daneben sollen direkte Kapitalspritzen des Euro-Rettungsfonds ESM für angeschlagene Banken erlaubt werden. Das ist aber genau das Gegenteil von dem Ziel, keine Steuergelder einzusetzen. Die FAZ weist darauf hin, dass nach der bisherigen Rechtslage der ESM Banken nicht direkt rekapitalisieren darf, also ohne Belastung für den betreffenden Staatshaushalt.

Wenn man sich die Umsetzung in der Praxis vorstellt, dann dürfte das wieder ziemlich kompliziert und sehr intransparent werden. Nach den Vorschlägen der Liikanen-Gruppe sollen Banken außerdem einen ausreichenden Mindestbetrag “bail-in-fähiger Verbindlichkeiten” vorhalten. Diese Verbindlichkeiten, so ist auf der Webseite der Bundesbank zu lesen, “sollen eindeutig definiert sein, so dass ihre Rangfolge in der Gläubigerhierarchie klar ist und sie marktfähig sind. Ein vorzuhaltender Mindestbetrag bail-in-fähiger Verbindlichkeiten soll auch durch Eigenkapital erfüllt werden können.” Das riecht nach einer Erweiterung von Basel III, aber auch bankbilanzieller Grundsätze. Aktuell könnte man solche Daten einer Bankbilanz nicht entnehmen.

Um das ganze Gewirr von Haftungskaskaden, “Bail-in”, Restrukturierungsfonds und Haftung der Steuerzahler zu verdeutlichen, müsste man eigentlich mal eine Modellbank mit Solvenzproblemen zerlegen. Erst dann könnte man feststellen, was die vorstehenden Aussagen eigentlich bedeuten, welche Folge- und Drittwirkungen daraus resultieren, und welche Risiken auf die Steuerzahler zukommen. Anhand der derzeitigen Debatten und Veröffentlichungen ist das nämlich nicht nachzuvollziehen.
 

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