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Auflage, Auflage, Auflage: Schleuderpreise bei Abonnements

von , 31.1.10

Kostet der Spiegel bald fünf Euro? Wenn es nach Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe geht, könnte der Copypreis des Nachrichtenmagazins von derzeit 3,70 Euro drastisch in die Höhe schnellen. Als Grund dafür nannte Saffe auf dem „Deutschen Medienkongress 2010“ die anhaltende Dürre beim Anzeigenaufkommen. Nur noch gut ein Drittel der Erlöse beim Spiegel kommen aus der Werbung. In den vergangenen zehn Jahren hat die Zeitschrift nach Angaben von Saffe drei Viertel ihres Anzeigenvolumens eingebüßt. Daher sei es verlegerisch nur konsequent, schon mal prophylaktisch den worst case eines vollkommen anzeigenfreien Magazins zu kalkulieren.

Noch sind Saffes Hochrechnungen Zukunftsmusik. Einstweilen verramscht der Verlag sein publizistisches Flaggschiff für lau. Erst kürzlich sackte der Preis fürs einzelne Heft im Prämiencountdown für Neu- und Wieder-Abonnenten auf bis zu 1,57 Euro – fast 60 Prozent unter dem Kioskpreis. Mit ihrer Schleuderpreis-Strategie steht die Augstein-Publikation nicht allein: Das Manager Magazin, ebenfalls aus der Spiegel-Gruppe, köderte mit Abo-Preisen von 82 Cent fürs Heft (statt regulären 6,65 Euro im Einzelverkauf) und auch die FAZ versuchte mit einer Prämienrückzahlung von 250 Euro neue kluge Köpfe zum Jahresabo für rund 530 Euro zu verlocken.

Was mit dieser tollkühn kalkulierten Abopreisgestaltung erreicht werden soll, ist klar: Auflage machen um buchstäblich jeden Preis. Ökonomisch erscheint ein solches Push-Up-Vertriebsmodell jedoch als reichlich abstrus. Denn weder sind die künstlich generierten Abonnements auf absehbare Sicht rentabel, noch lassen sich die Werbetreibenden derzeit durch den Verweis auf eine höhere Auflage zum Anzeigenschalten bewegen.

So mutieren die Ramsch-Offerten zum Imagedesaster für die Verlage: Die Anzeigenstrategie floppt und die Leser fühlen sich durch die unmissverständliche Botschaft geohrfeigt: Erstens bist du für uns lediglich Mittel zum Zweck, und zweitens sind die journalistischen Inhalte, die wir dir verkaufen, in unserem Kalkül nur Peanuts.

Die Degradierung des Lesers zum Hilfsakquisiteur für Anzeigen dürfte sich ebenso rächen wie die Geringschätzung der von der Redaktion erbrachten journalistischen Leistung. Wer sein Abo-Publikum systematisch zu Prämien-Nomaden erzieht, braucht sich über den Verlust jeglicher Leser-Blatt-Loyalität nicht zu wundern.

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