#Altersstruktur

Facebook · Das Alte-Leute-Medium

von , 17.4.13

In Abwandlung eines Ausspruchs von Don Tapscott lässt sich schon heute sagen:
 

Facebook is a former mainstream network good for sending birthday greetings to your friends’ parents.

 
Schon im August 2011 schrieb ich ja etwas zu reißerisch, dass ich auf Dauer Facebook keine Chance einräume. Die Gründe mögen fragwürdig sein und gelten heute teilweise nicht mehr so richtig – meine Einschätzung, was die Verschmelzung der Betriebssysteme angeht, stimmt so nicht. Aber dass sich Facebook zu einem Alte-Leute-Medium entwickelt, ist unübersehbar. Und das ist schlecht – für Facebook und die Kommunikatorinnen, die sich langsam endlich daran gewöhnt haben, Facebook ernst zu nehmen, teilweise noch als Jugendplattform lustigerweise, aber das ist beinahe schon eine andere Geschichte.

Die Zeichen mehren sich in fast allen Märkten, dass die nächste Generation sich nicht mehr zu 110% bei Facebook anmelden wird. Und dass schon jetzt ein signifikanter Teil der Jugendlichen, auch der älteren Jugendlichen, Facebook anders nutzt, als wir uns das mal so vorgestellt haben.
 


 
Die Zahlen von zurückgehendem Wachstum in der sehr jungen Zielgruppe, gepaart mit meiner Privatempirie, legen mir nahe, dass es jetzt an der Zeit ist, die Augen offen zu halten.

Facebook hat aus meiner Sicht zwei offene Flanken, die sie nicht schließen können. Und nicht schließen werden. Dass sie strategisch auch in eine andere Richtung laufen, zeigt Facebook Home. Aber auch das ist eine andere Geschichte.

 

1. Facebook ist elternverseucht

Wenn inzwischen mehr als die Hälfte der Eltern von Jugendlichen, die auf Facebook sind, auch dort rumturnen, ist das eher übel für dessen Reputation. Ja, noch nutzen sie massiv vor den Augen ihrer Eltern verborgene Funktionen wie Gruppen und Chat. Aber das wird zurückgehen, wenn das Posing auf diesem Netzwerk nicht mehr attraktiv ist.

Und das ist es immer weniger. Die starken Wachstumsraten von Twitter (jetzt erstmals auch in Deutschland, fast nur unter Jugendlichen) und Instagram (was mich weniger überrascht hat) sprechen dafür, dass sie ausweichen auf Netzwerke, in denen bisher nur wenige Erwachsene sind. Oder gleich ganz andere Dinge ausprobieren – ich bin beispielsweise sehr gespannt auf SnapChat, vor allem, da es jetzt auch für das bei Jugendlichen sehr beliebte Android verfügbar ist (und ich halte SnapChat für tatsächlich sehr interessant, vor allem das Privatsphärekonzept, das daraus spricht).

Warum sollten Jugendliche auf Dauer ein Netzwerk nutzen, auf dem die Eltern sind? Wenn überhaupt, werden sie es so “sauber” nutzen wie wir Xing oder LinkedIn.

 

2. Knackpunkt Ausweisstelle

Die Funktion von Facebook als de-facto-Ausweisstelle des Internets trägt viel zu seinem aktuellen Erfolg und Sog bei, vor allem unter Erwachsenen. Aber sie ist zugleich der Punkt, an dem sich die nächste Generation abwenden wird. Zunächst nur einige Subgruppen, die besonders stark auf Abgrenzung setzen, so wie es in linken Szenen schon lange große Facebook-Aversionen gibt; nach und nach weitere. Je mehr Facebook faktisch zu einem Silo wird, egal, wie sehr sie den AOL-Fehler zu vermeiden suchen, desto schneller werden sich nachwachsende Gruppen abwenden.

Ich glaube nicht, dass Tertius, der jetzt 11 Jahre alt ist, sich sehr für Onlinenetze interessiert und für den selbstverständlich YouTube der First Screen ist, sich noch bei Facebook anmelden wird. Und wenn, dann nur, um es so zu nutzen, wie meine großen Kinder E-Mail: Als Notfallequipment, um mit Erwachsenen kommunizieren zu können.

Zeit, umzudenken.

Ceterum censeo: Wer glaubt, mit Facebook Jugendliche zu erreichen, schreibt denen wohl auch noch SMS.
 

Crosspost von Haltungsturnen
 

 

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