#Gangnam Style

Das erfolgreichste Video aller Zeiten? Das tut uns leid.

von , 20.10.12

Ich freue mich immer, wenn das Internet neue Phänomene hervorzaubert, von denen man sonst womöglich nicht erfahren hätte – wie zuletzt den Südkoreaner Psy mit seinem “Gangnam Style”. Psy ist seiner Heimat bereits seit einigen Jahren mit K-Pop erfolgreich, er hat dort sechs Alben veröffentlicht. Das Erfolgsrezept seines Hits: ein lustig-alberner Tanzstil, einfach-effektive elektronische Discomusik und ein koreanischer Text, der sich mit dem luxuriös-mondänen Lebensstil des Stadtviertels Gangnam in Seoul befasst.

Der Musikclip des Künstlers wurde in diesem Jahr bereits mehr als fünfhundert Millionen Mal angesehen, weltweit. Er ist für alle diese Nutzer kostenlos bei YouTube verfügbar. Über zwei Millionen Besuchern hat der Clip so gut gefallen, dass sie es mit dem kleinen Daumen-hoch-Symbol positiv bewertet haben. Damit ist dieses Video das erfolgreichste YouTube-Video aller Zeiten, es hat sogar einen eigenen Eintrag im Guinness-Buch der Weltrekorde bekommen.

Psy ist mittlerweile weltweit erfolgreich – in vielen Ländern der Welt ist sein Song in den Charts, zum Beispiel in Deutschland und Großbritannien bis auf Platz 1, in den USA bis auf Platz 2. Auch in den iTunes-Charts hat es der Song Mitte September bis auf Platz 1 geschafft – trotz der Tatsache, dass er kostenlos bei YouTube verfügbar ist. Es ist davon auszugehen, dass das Lied damit auch kommerziell ausgesprochen erfolgreich sein dürfte.

Ist dieser Song nun trotz oder wegen der vielgescholtenen “Kostenloskultur” des Internets so erfolgreich? Hätte Psy ebenfalls weltweiten Erfolg mit seinem Stück gehabt, wenn sein Video nicht gratis im Internet verfügbar gewesen wäre? Oder ist nicht genau dieser Erfolg ein Indiz dafür, dass die Künstlerszene durch das kostenlose Anbieten von Inhalten im Internet gerade nicht verarmt, sondern dass sich damit ganz neue Chancen und Möglichkeiten ergeben – auch kommerzieller Art? Denn oft sind es gerade die Nutzer, die den Song kostenlos im Internet sahen, die ihn sich anschließend auch kaufen.

Besonders gefällt mir, wie sehr dieser Clip Menschen auf der ganzen Welt angeregt hat, eigene Versionen, Remixe und Parodien des Videos herzustellen und im Internet zu zeigen. Da gibt es “Klingon Style” – eine klingonische Version im Star-Trek-Stil;  “Opa Gandalf Style”, eine Herr-der-Ringe-Parodie, und selbst einen “Mitt Romney Style” gibt es – jedes dieser Videos wurde bereits millionenfach angesehen.

Ein Füllhorn an schrägen Ideen, Kreativität und Kunst. Und alles – streng genommen – ein Urheberrechtsverstoß, gestohlenes geistiges Eigentum, geklaute Musik – zumindest im Rechtsverständnis der Content-Industrie und der Verwerter. Weltweit werden solche Remixe und Mash-Ups verfolgt und aus dem Netz geklagt, obgleich sie so oft einen ganz eigenen künstlerischen Wert haben.

Und in Deutschland? Das Video auf dem offiziellen YouTube-Kanal des Künstlers ist in Deutschland nicht verfügbar, da die GEMA YouTube die in Deutschland erforderliche Rechte nicht eingeräumt hat – obwohl das der ganz offizielle Kanal des Künstlers ist. Das tut mir leid. Auch und gerade für die Künstler.
 
Crosspost von Daniel Schwerd

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