#Medienwandel

Das Internet, die Musik und das liebe Geld

von , 23.1.09

Mit “Gefühl” will Marcel Weiß (netzwertig.com) die ökonomische Situation der Musikindustrie im digitalen Zeitalter erklären und erntet trotzdem reichlich Widerspruch in den Kommentaren.

Die Konfliktlinie ist dabei schnell ausgemacht: Marcel argumentiert ökonomisch absolut korrekt für Musik, die im Internet verfügbar ist. Er stuft diese Musik unter die Rubrik freie Güter ein. Allerdings blendet er bei dieser Betrachtung konsequent alle Umstände aus, die zur Erzeugung und Digitalisierung dieser Musik geführt haben.

Seine “Gegner” hingegen sehen die Dinge ganzheitlicher und führen eher urheberrechtliche Argumente an. Sie können, vielleicht auch mangels volkswirtschaftlicher Kenntnisse, nicht auf derselben Ebene wie Marcel argumentieren und somit auch nicht ausdrücken, dass Musik im Internet eher als Gemeingut und nicht als freies Gut angesehen werden muss.

Den Unterschied sehe ich so: Gemeingüter sind in ihrer Verwendung genauso frei wie freie Güter, ihre Bereitstellung ist jedoch mit Kosten verbunden. Ein freies Gut ist etwa die Luft (zum Atmen). Niemand stellt sie her, sie ist einfach da und verursacht keine Kosten. Dagegen ist ein kostenloser Parkplatz ein Gemeingut, da seine Nutzung zwar nichts kostet, er aber erst angelegt werden muss und dabei Kosten verursacht (auch der laufende Unterhalt kann Kosten verursachen, die aber nicht der Nutzer zu tragen hat).

Damit will ich der Argumentation von Marcel nicht widersprechen! Ich möchte nur das Augenmerk darauf lenken, dass Musik im Internet zwar grundsätzlich frei ist (und auch sein soll!), aber ihre Erstellung und Digitalisierung weiterhin Geld kosten.

Wer das im Hinblick auf kleinere Bands für vernachlässigbar hält, denke zum Beispiel mal an die Berliner Philharmoniker: Um hier eine qualitativ gute digitale Aufnahme herzustellen, sind fast Hundert Musiker und ein paar Toningenieure unterwegs. Werden die das auch weiterhin tun, selbst wenn sich die Kosten der Produktion nicht mehr direkt amortisieren lassen? Könnte das Orchester nicht auch einfach nur ein paar kurze Stücke auf YouTube stellen und das Publikum ansonsten auffordern, doch einfach in die Konzerte zu kommen?

Der Folgerung von Marcel, dass Musik als freies Gut im Internet zu einem “unendlichen Angebot” führen muss, kann ich deshalb nicht folgen. Die Berliner Philharmoniker übrigens auch nicht: Sie führen seit Dezember 2008 eine Digital Concert Hall. Wer hier Musik miterleben möchte, muss dafür bezahlen.

Noch ist das ein Experiment. Es zeigt aber, dass im Internet Musik nicht kostenlos sein muss. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Freunde digitaler Zeiten einmal fragen, warum Musiker auch künftig ganze Alben produzieren und kostenlos ins Netz stellen sollen: Doch nicht nur für die Bequemlichkeit derjenigen, die gern kostenlos konsumieren?

Passend zum Thema sind auch die Ausführungen von Christian Henner-Fehr (Kulturmanagement Blog) mit dem Blick auf Kultureinrichtungen und Leander Wattig in Bezug auf die Buchbranche.

d

Matthias Schwenk bloggt unter bwl zwei null.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.