#Karl-Theodor zu Guttenberg

Der Retweet oder: Platz für eine Fußnote ist selbst bei 140 Zeichen

von , 17.2.11

Jetzt gibt es ja gerade viel Aufregung um diese paar fehlenden Fußnoten in der Doktorarbeit unseres Verteidigungsministers. Man könnte ja meinen, gut, der Gutti hat einfach ein paar Absätze aus andererleuts Aufsätzen retweetet – was ist schon dabei? Macht doch im Internet heutzutage jeder, dieses Retweeten?

Weit gefehlt: Gerade auf Twitter wird nicht einfach auf Ministerart abgeschrieben. Vielmehr hat sich hier eine interessante und hochdisziplinierte Fußnoten- oder besser gesagt Zitierkultur entwickelt. Bei den schmal bemessenen 140 Zeichen ist die korrekte Quellenangabe die Regel und nicht die Ausnahme.

Da ist der automatische Retweet, bei dem die Twittermechanik werksmäßig eine Absenderkennung hinzufügt. Trotzdem sind viele Retweets handgemacht, manchmal sogar doppelt bis dreifach verschachtelt. Gleiches gilt für das „via @twitteruser“, mit dem die Absender ausdrücken, dass jemand anders einen Link, eine Seite oder eine andere interessante Quelle im Netz gefunden hat und er diese Fundstelle gerne weiterempfehlen möchten. Die Autoren verzichten in diesen Fällen sogar auf Platz für ihre eigene Gedanken und geben einige von den kostbaren 140 Zeichen ab! Ihnen ist es wichtiger, den Absender zu kennzeichen, besser gesagt zu würdigen.

Diesen Sinn haben auch die Fußnoten in den meistens mehr als 140 Seiten dicken Doktorarbeiten. Die meisten Menschen auf Twitter arbeiten damit quasi wissenschaftlich. Indem sie sauber ihre Quellen aufführen, sorgen sie automatisch oder bewußt für eine Vernetzung der Gedanken und können im besten Fall eine „Aufschaukelung“ oder eine „kreisförmige Erregung“ erreichen (siehe: Peter Kruse, Twitter, ebenda).

Nur weil sich die Leute an diese einfachen Regeln halten, funktioniert Twitter überhaut so gut. Denn Twitter ist eben nicht dieser „Nachrichtendienst“ wie viele in den traditionellen Medien schreiben, wenn sie nicht wissen, wie sie ihren Lesern Twitter erklären sollen. Wie viele andere vor mir schon erkannt haben, ist gerade die systematische Vernetzung der wichtigste Erfolgsfaktor. Wenn jeder einfach tolle Tweets von anderen abschreiben und sie als die eigenen ausgeben würde, wäre es mit Twitter als Quelle lustiger Gedanken und wertvoller Links schnell vorbei.

Denn als Zitate-, Link- oder Ideengeber genannt zu werden, Reaktionen und Feedback auf die geäußerten 140 Zeichen zu erhalten, ist der entscheidende Motivationsfaktor bei diesem Spiel. Genauso ist und war es in der Wissenschaft.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.