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Arianna Huffington und ihre Blogger: Das Ende vom Web 2.0?

von , 11.2.11

Noch vor kurzem hätte das kaum jemand für möglich gehalten: Die Huffington Post, 2005 erst gegründet, wird für 315 Millionen US-Dollar verkauft – und das ausgerechnet an AOL. Doch es herrscht nicht nur Freude über diesen Deal. Insbesondere unter den Bloggern, die unentgeltlich für die Huffington Post geschrieben haben, macht sich jetzt Ärger breit.

So kündigt Douglas Rushkoff medienwirksam im Guardian an, dass er zwar gerne unentgeltlich für Arianna Huffington schreiben würde, nicht aber für AOL. Sein Text, der mit einer Art Pluralis Majestatis als Stilmittel arbeitet, will offensichtlich für möglichst viele der über 9.000 Huffpo-Blogger sprechen. Deren Stimmungslage mag er damit zwar gut treffen, zugleich müssen sich diese Personen aber auch die Frage gefallen lassen, wo sie zuletzt ihre Augen hatten.

Die Huffington Post ist schon seit längerem nicht mehr nur der selbstlose linksliberale Leuchtturm, der einem besseren Amerika und dem “Web 2.0” Orientierung bietet. Zwar hat das Online-Medium seine politische Ausrichtung immer beibehalten, daneben aber auch mit einer ordentlichen Portion an Pragmatismus zielstrebig seine Reichweite ausgebaut. Bei der Wahl der Mittel war man dabei nicht zimperlich. Der Boulevard machte sich breit und mit ihm kam die Suchmaschinenoptimierung. Die Blogger wollen das nicht bemerkt haben?

Als Obama Präsident wurde, hatte die Huffington Post dazu die schönsten Bilder und auch schon die passenden Texte zur Garderobe der neuen First Lady. Spätestens da hätte man merken können, in welche Richtung der Zug rollt. Sich jetzt darüber mokieren, dass Arianna Huffington die Ideale der Blogger für sich ausgenutzt habe, wirkt kleinlich und deplatziert.

Denn man kann die Story auch in einem anderen Licht betrachten. Die Huffington Post war nicht einfach nur eine Art Blog-Zeitung, sondern schon relativ früh sehr technik- und reichweitenfokussiert. Gut auf den Punkt bringt das eine Artikel-Klickstrecke (!) im Business Insider, die deutlich macht, wie zielgerichtet die Mannschaft rund um Arianna Huffington vorgeht. Diese Arbeit hat nicht zuletzt auch den Bloggern geholfen, ihre persönliche Reichweite zu verbessern.

Wie die Huffington Post dabei praktisch vorgeht, hat exemplarisch Felix Salmon aufgezeigt: Die New York Times landet einen Scoop, die Huffington Post springt auf das Thema auf und erreicht damit ein Vielfaches an Kommentaren – und vermutlich auch an Page Views. Das Bemerkenswerte daran ist nicht, dass die Huffington Post bei der New York Times abkupfert, sondern dass die “Ideale des Web 2.0” keine sind: Ihrer Logik zufolge müsste die New York Times den meisten Traffic und die meisten Kommentare erhalten, denn sie hat schließlich den Scoop produziert. Tatsächlich aber schlägt die Huffington Post mehr Kapital aus dem Thema, weil sie sich nicht auf die Wirkung einer guten Story allein verlässt, sondern mit einer perfektionierten Technik alles daran setzt, dass jeder ihrer Artikel zum viralen Hit werden kann. Vorsprung durch Technik, könnte man dazu auch sagen.

Diese Art von Vorsprung ist es am Ende, der den hohen Kaufpreis und die Übernahme durch AOL möglich gemacht hat. Die Blogger der Huffington Post sollten sich klar machen, dass mit dem Verkauf keine neuen Zeiten anbrechen und dass sie selbst von der Technik der Plattform profitiert haben. Im Übrigen heisst das “Web 2.0” neuerdings “Social Web” und drückt damit sehr gut aus, was man als Blogger von der Huffpo erwarten kann: Social satt.

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