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Deutsche Blogger besetzen die FAZ

von , 14.4.10

Was am FAZ-Dossier „Deutsche Blogger“ sofort ins Auge fällt, ist das eklatante Missverhältnis zwischen dem eingeräumten Platz und der im Artikel behaupteten Bedeutungslosigkeit des Gegenstands: Drei lange FAZ-Seiten lang wird ein Phänomen beleuchtet, das nach Meinung des Autors im Wesentlichen aus Aufgeblasenheit, Dilettantismus und Wichtigtuerei besteht.

Also: Warum?

Das FAZ-Feuilleton wollte zum Auftakt der Berliner re:publica Flagge zeigen. Und wie 1982 Gerhard Schröder am Zaun des Kanzleramts, so rüttelt Frank Schirrmacher nun an der Tür zur Kalkscheune: Ich will da rein! Ich will euch zwingen, über mich und die FAZ zu reden (siehe dazu auch den Beitrag „Strategischer Fatalismus“).

Wird die Aufforderung zum Gespräch durch die Story „Deutsche Blogger“ eingelöst?

Leider nein. Die Recherchetiefe ist erstaunlich gering, der Erkenntniswert von vorgestern, die Machart – nun ja: Marcus Jauer hängt ein paar Entlarvungen Beschreibungen einzelner Personen, die er interviewt hat, aneinander und leitet ihr Wesen und Wollen aus der Aufgeräumtheit oder Nichtaufgeräumtheit ihrer jeweiligen Büros ab.

Die Tendenz der Story ist vom Anfangsmotiv vorgegeben: Willst du etwas niedermachen, vergrößere die Fallhöhe! Behaupte gleich zu Beginn, die Blogszene habe ursprünglich ein wahres Paradies schaffen wollen, sie habe hehre „webkommunistische“ Ziele gehabt. Dann wird die Realität – im Vergleich dazu – erst so richtig mies, kleinkariert und nichtig erscheinen.

Ist das die Arbeitsmethode eines Reporters?

Ich hätte gern mehr über die Lebensläufe und die Arbeitsbedingungen und die Entwicklungen der geschilderten Personen erfahren – doch in dieser Geschichte dienen die Personen leider nur als Staffage für die These des Autors. Die Personen werden benutzt. Keiner der Erwähnten wird auch nur in Ansätzen lebendig. Sie treten der Reihe nach auf wie Schießbudenfiguren, die der Autor – wie auf dem Jahrmarkt – mit drei Wurfbällen wegballern darf.

Sehr lustig.

Besonders komisch ist, dass den Befragten (unterschwellig) etwas vorgeworfen wird, was gerade auch in der Zunft des FAZ-Autors weit verbreitet ist: Eitelkeit, Schmoren im eigenen Saft, Ehrgeiz, Dilettieren auf verschiedenen Gebieten, Streben nach Anerkennung und Aufmerksamkeit.

Sind also die beiden Welten FAZ-Journalismus und Blogosphäre wirklich so grundverschieden?

Vermutlich guckt der Autor der FAZ-Geschichte gerade bei Rivva nach, wie oft sein Artikel schon von Bloggern und Twitterern verlinkt worden ist.

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